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Wenig Rechte, viele Pflichten – Frauen in der Duderstädter Stadtgeschichte

Zwei neue Themenführungen werfen Licht auf das Alltagsleben der Frauen zu verschiedenen Epochen

Das Angebot der Duderstädter Stadtführungen hat sich um zwei attraktive Angebote erweitert.  Mit „Maria Zinke“ hätten sich anständige Bürger um das Jahr 1514 allerdings nicht öffentlich sehen lassen – und „Magdalena Kannengießer“ musste sich um 1721 aus der Not heraus in einen Männerberuf wagen. Wer mehr wissen möchte, sollte sich am historischen Rathaus in Duderstadt einfinden.

Vor allem die Lebensweisen von Frauen zu verschiedenen Epochen geben neue Blickwinkel auf die Duderstädter Stadtgeschichte. Maria Zinke, die im echten Leben Petra Bartosch-Aderhold heißt, ist nicht nur die Schwester des Duderstädter Scharfrichters Hans Zinke (im zeitgenössischen Leben Claus Ludwikowski), sondern geht auch noch einem anrüchigen Gewerbe nach. Sie ist die Aufseherin des Frauenhauses, womit im Mittelalter das Bordell gemeint war. Über das Frauenhaus in Duderstadt gibt es sogar noch schriftliche Nachweise: In einer Urkunde von 1538 wird erwähnt, dass beim “Horhus” (Hurenhaus) südlich des Westertores ein großes Stück der Stadtmauer eingestürzt war und durch den Göttinger Maurermeister Hans von Lengede erneuert wurde.

Beim Stadtrundgang mit Maria Zinke erfahren die Gäste auch einiges über die Duderstädter Sehenswürdigkeiten und ihre Geschichte, oft mit Bezug auf die Lebenswelt der Frau, die jahrhundertelang keinerlei Rechte hatte und vom Mann vollkommen abhängig war. Eine verstoßene Frau war quasi mittellos, selbst wenn sie Vermögen mit in die Ehe gebracht hatte, das mit der Heirat aber dem Mann zufiel. So war auch für manche ehrbare Frau nach einem Schicksalsschlag das “Horhus” die einzige Möglichkeit, ein Dach über dem Kopf zu haben.

Ein Schicksalsschlag trieb auch Magdalena Kannengießer, im heutigen Leben Veronika Kahlmeyer, um 1721 in eine wirtschaftliche Notsituation. Ihr Mann Jakob verdient den Lebensunterhalt für die Familie als Nachtwächter der Stadt Duderstadt. Damit trägt er eine große Verantwortung, um die schlafenden Bürger vor Unheil zu bewahren – vor Raub und Mord, und vor allem vor Bränden, die schnell aus Unachtsamkeit an den offenen Herdfeuern, über denen das Abendessen gekocht wurde, entstehen konnten. 

Der gute Jakob ist allerdings erkrankt, doch die Familie braucht jeden Groschen seines Einkommens. Also springt die resolute Magdalena ein. Mit ihrer Körpergröße kann sie zwar keinen Dieb in die Flucht schlagen, und die Hellebarde des kränkelnden Gatten mitzunehmen, wäre dann wohl doch etwas viel Emanzipation im 18. Jahrhundert. Aber das Horn hat sie bei ihren Touren dabei und kann Alarm blasen, falls sich ein Unheil anbahnt. Wenn alles ruhig bleibt im nächtlichen Duderstadt, weiß sie allerdings auch viel über die Stadtgeschichte im Barock zu berichten – und vor allem über den Lebensalltag der Frauen ihrer Zeit.

Diese beiden Touren ergänzen das bisherige Angebot der Duderstädter Themenführungen, z.B. zu den Häuserinschriften, zur Kirchenkunst, zur Stadtbefestigung (mit dem Knickmeister, zu Fuß oder als Fahrradtour), zum mittelalterlichen Rechtswesen (mit dem Scharfrichter), zu den Fledermäusen im historischen Rathaus oder über die Feuer- und Flutkatastrophen in Duderstadt. 

Infos und Anmeldungen in der Gästeinformation im historischen Rathaus unter Telefon 05527 841200 oder per Mail bei info@duderstadt.de.