loading

Nachrichten werden geladen...

Inklusion im Einzelhandel: 1 Jahr tegut in Hann. Münden

Landrat Marcel Riethig macht sich ein Bild vom inklusiven tegut in Hann. Münden. Foto: Wesche
Landrat Marcel Riethig macht sich ein Bild vom inklusiven tegut in Hann. Münden. Foto: Wesche

Vor einem Jahr öffnete die tegut-Filiale inmitten der Altstadt ihre Türen. 400 Quadratmeter Verkaufsfläche, mehr als 17.000 Artikel von regional bis Bio, dazu ein breites Sortiment der tegut-Eigenmarke zum Discountpreis. Ein klassischer Nahversorger auf den ersten Blick. Doch hinter dem Markt steckt mehr. Er ist ein gelebtes Beispiel, wie Inklusion im Alltag funktionieren kann. In dem neunköpfigen Team arbeiten fünf Mitarbeitende mit Schwerbehinderung. Sie arbeiten hier ganz selbstverständlich Seite an Seite mit nicht behinderten Kolleginnen und Kollegen.

Nun besuchte Landrat Marcel Riethig die Filiale, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Begrüßt wurde er von Marktleiter Jörg Bartheld, der gemeinsam mit Ingrid Möller, Betriebsleiterin der Stellenwert GmbH, sowie Andrea Röth, Vorstand von Aufwind – Verein für seelische Gesundheit e.V., Einblicke in die Arbeit gewährte.

Aufwind ist Träger der Stellenwert GmbH, einer 100-prozentigen Tochter, die im Werra-Meißner-Kreis acht Inklusions-Läden betreibt und seit einem Jahr einen weiteren in Südniedersachsen: die Hann. Mündener tegut-Filiale. Hier geht es nicht nur darum, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen, sondern ihnen einen realen Schritt in Richtung ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

„Für viele unserer Beschäftigten bedeutet diese Arbeit weit mehr als ein Job“, betonte Röth. „Sie erleben Teilhabe, soziale Nähe, Wertschätzung und ganz wichtig: Sie werden gebraucht.“ Der Wechsel aus einer Werkstatt in ein reguläres Arbeitsverhältnis sei für viele ein Meilenstein. Einkommensunabhängig gehe es um Selbstbestimmung und darum, mitten im Leben zu stehen.

Der Markt erfüllt dabei gleich zwei zentrale Aufgaben: Versorgung der Innenstadt mit Lebensmitteln und Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. Doch wirtschaftlich ist das Projekt kein Selbstläufer. Die Bilanz nach zwölf Monaten fällt verhalten aus. Die Umsätze steigen, aber langsamer als erhofft; die Gewinne bleiben hinter den Erwartungen zurück. Dennoch zeigt man sich optimistisch; auch dank einer stetig wachsenden Kundschaft und einer erkennbaren Verankerung im Viertel.

Landrat Riethig zeigte sich beeindruckt von der Professionalität des Teams und lobte sowohl Angebot als auch Arbeitsbedingungen: „Inklusion wird hier nicht nur gedacht, sondern gelebt. Diese Filiale zeigt, was möglich ist, wenn Engagement und gesellschaftlicher Anspruch zusammenkommen.“ Die Integration in den Arbeitsmarkt sei nicht nur eine finanzielle Perspektive, sondern ein sozialer Gewinn: „Man knüpft Kontakte, findet Freundschaften, wird Teil einer Gemeinschaft.“ 

Auch Jörg Christian Bornhoff, Vorstand der Mündener Gilde und Verleger von "meinMünden", begleitete den Besuch und informierte sich ausführlich über die inklusive Arbeitsweise der Filiale. Er zeigte sich beeindruckt vom Engagement des Teams und betonte, wie wichtig solche Orte für ein solidarisches und lebendiges Stadtgefüge seien. Zudem würdigte Bornhoff den Mut der Beteiligten, ein solch anspruchsvolles Projekt in der Altstadt zu realisieren und damit ein starkes Zeichen für gelebte Teilhabe zu setzen.

Nach einem Jahr zieht das Team ein realistisches Fazit: Der wirtschaftliche Weg bleibt herausfordernd, der gesellschaftliche Erfolg dagegen ist bereits sichtbar. Die nächsten Monate sollen genutzt werden, um noch stärker im Stadtbild präsent zu sein, Kundschaft zu binden und das Modell langfristig abzusichern. (sw)