Deutsche Hochschulen stehen vor einem Generationenwechsel: Von 2029 bis 2033 werden jährlich mindestens 2000 Professor*innen das Pensionsalter erreichen. Das zeigte eine Analyse des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) aus diesem Jahr. „Für die Hochschulen bedeutet das eine große Herausforderung, aber auch eine Chance, Strukturen zu erneuern – und damit auch eine Chance, mehr Frauen für den Beruf der Professorin zu gewinnen.“, findet Susanna Pförtsch vom Projekt „Zukunft FH-PROF“ der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen.
Denn während 2024 53 Prozent der Student*innen Frauen waren, war gleichzeitig nur jede 4. Professur mit einer Frau besetzt. Darum hat das HAWK Projekt „Zukunft FH-Prof“ nun gezielt Frauen zu einer Online-Informationsveranstaltung eingeladen, die sich für eine Professur an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) interessieren.
“Unser Ziel ist eine Parität in der Professor*innenschaft“, erklärt Ann-Kathrin Goudarzi von Zukunft FH-PROF. „Um mehr Frauen für Professuren zu gewinnen, können wir nicht warten, bis sich von alleine etwas verändert. Wir müssen aktiv auf Frauen zugehen und sie über ihre Möglichkeiten informieren. Viele qualifizierte Frauen wissen gar nicht, dass sie für eine Professur an der HAWK in Fragen kommen.“ Hochschulen könnten sich nicht erlauben, das Talent und das Potenzial von Wissenschaftlerinnen zu verlieren, daher wäre es zudem wichtig, auch interessierte Promovendinnen und Post-Docs frühzeitig über die richtigen Karriereentscheidungen für eine Professur aufzuklären.
Rund 90 Teilnehmerinnen aus ganz Deutschland waren bei der Videokonferenz dabei, um Informationen zum Arbeitsalltag als Professorin und zum Berufungsverfahren zu erhalten und sich untereinander auszutauschen. Neben den Projektmitarbeiterinnen waren auch 11 Professorinnen der HAWK mit dabei, um den Teilnehmerinnen in kleinen, fachspezifischen Gruppen Rede und Antwort zu stehen.
Doch wie wird man überhaupt Professorin? Und was macht den Beruf aus? Diese grundlegenden Fragen beantwortete Prof. Dr.-Ing. Sabine Iffert in ihrem Vortrag zu Beginn der Informationsveranstaltung. Eine Leidenschaft für die Lehre sollten Professorinnen unbedingt mitbringen, führt sie an. „An einer HAW haben Sie eine sehr enge Verbindung zu den Studierenden.“ Daneben müssten Bewerberinnen aber auch berufspraktische Erfahrungen außerhalb der Hochschule und eine besondere wissenschaftliche Eignung nachweisen können. Die anwendungsorientierte Forschung sei an den HAWen in der Vergangenheit immer wichtiger geworden. „Sie sollten also unbedingt ein eigenes Forschungsthema mitbringen“, so Iffert.
Anschließend gab die Professorin, die gleichzeitig auch Gleichstellungsbeauftragte der Fakultät Bauen und Erhalten ist, einen Überblick über ein Berufungsverfahren von der Bewerbung über die Probelehrveranstaltung und das Gespräch mit der Berufungskommission bis zum Ruf durch das zuständige Wissenschaftsministerium. Insgesamt könne ein solches Verfahren viele Monate in Anspruch nehmen. Wer dabei erfolgreich sei, werde mit viel Gestaltungsfreiheit und Selbstbestimmung im Beruf belohnt. „Den großen Gestaltungsspielraum in der Lehre schätze ich sehr. Exkursionen und Fachvorträge sind für die Lehre beispielsweise sehr bereichernd.“, erklärt Iffert.
Mehr Frauen für den Professor*innenberuf zu gewinnen, sei ein äußerst wichtiges Ziel, findet Iffert. „Allein schon, weil unsere Studentinnen Vorbilder brauchen. Aber auch, weil diverse Teams erfolgreicher sind.“ Frauen würden sich nachgewiesenermaßen seltener als Männer auf eine Stelle bewerben, die nicht zu 100 Prozent zu ihrem Profil passe. Daher wolle sie Frauen ausdrücklich zu einer Bewerbung ermutigen: „Einfach machen. Go for it!“
Weitere Informationen: Die übergeordnete Zielsetzung des Projekt Zukunft FH-PROF ist die Gewinnung und Qualifizierung professoralen Personals sowie die akademischen Personalentwicklung. Dabei ergeben sich viele Schnittstellen zu den gleichstellungspolitischen Zielen und Vorhaben der HAWK. Im Jahr 2024 hat die HAWK etwa die Förderung des „Professorinnenprogramm 2030“ von Bund und Ländern gewonnen. In diesem Rahmen erhält die Hochschule eine Anschubfinanzierung über 5 Jahre für 3 neuberufene Professorinnen. Darüber hinaus arbeitet die HAWK mit ihrem „Gleichstellungskonzept für Parität“ an der Gewinnung von Frauen für Professuren, an Qualifizierungsmaßnahmen für Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen hin zur HAW-Professur und an Maßnahmen zur Erhöhung der Frauenanteile unter den MINT-Studierenden und -Absolvent*innen.