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Wahrnehmen und Fürsorgen: Die Wegwarte in Dohrenbach

Im Interview sprechen wir mit dem Ökonomen Johannes Euler, der das Projekt mitinitiiert hat. Portrait: H. Bindewald
Im Interview sprechen wir mit dem Ökonomen Johannes Euler, der das Projekt mitinitiiert hat. Portrait: H. Bindewald

Mitten im idyllischen Dohrenbach liegt die Wegwarte. In einem ehemaligen Hotelgebäude wird hier ein lebendiger „Lern- und Forschungsraum für wahrnehmende Gesellschaftsgestaltung und fürsorgendes Wirtschaften“ aufgebaut. Von offenen Gasthausabenden, über vor Ort angebautem Gemüse auf Spendenbasis bis hin zu Veranstaltungen zu Demokratie und Wirtschaft gibt es dort einiges zu erleben. Die Angebote sind vielfältig und laden Menschen ein, gemeinsam zu reflektieren, zu gestalten und sich auszutauschen. Im folgenden Interview sprechen wir mit dem Ökonomen Johannes Euler, der das Projekt mitinitiiert hat.

Wie kam das Projekt in Dohrenbach zustande und was genau haben Sie vor?

Wir kommen aus der Erwachsenenbildung und waren mit den unterschiedlichen Gruppen immer wieder an dem Punkt, dass wir am Ende von Seminaren den Eindruck hatten: „Jetzt sind die Grundlagen geschaffen, jetzt könnte es richtig losgehen!“ Und so kam uns die Idee, einen Ort zu schaffen, an dem Menschen über einen längeren Zeitraum im Alltag miteinander lernen, wie sie den vielen Herausforderungen der heutigen Zeit konstruktiv begegnen können. Dabei geht es zunächst darum, das Bestehende mit unterschiedlichen Sinnen und aus verschiedenen Perspektiven zu begreifen. Und aus dieser Wahrnehmung heraus eigene Gestaltungsimpulse in die Tat umzusetzen. Das verstehen wir unter wahrnehmender Gesellschaftsgestaltung, im Grunde geht es uns also um Demokratie.

Und wo kommt da das fürsorgende Wirtschaften ins Spiel?

In einer Welt, die so maßgeblich durch die Art und Weise zu Wirtschaften geprägt ist, lassen sich Demokratie und Ökonomie nicht unabhängig voneinander behandeln. Fürsorgendes Wirtschaften dreht sich nicht um Profite sondern um Bedürfnisse. Wir tragen bei was wir können und bekommen, was wir brauchen. So gibt es bei unseren Veranstaltungen keine festen Preise, sondern Menschen mit mehr Geld können mehr beitragen und Menschen mit weniger eben weniger – und das klappt. Das ehemalige Hotel zur Warte haben wir mit Spenden und Darlehen zahlreicher Menschen, die unsere Arbeit unterstützen, kaufen können.

Welche Rolle spielt der Ort – das Haus in Dohrenbach?

Einen ganz wesentlichen. Das Haus bietet sehr gute Bedingungen für unsere Weiterbildung, bei der bis zu 24 Menschen unterschiedlicher Altersstufen für mindestens ein Jahr gemeinsam mit uns lernen und forschen. Und an dem Ort gab es auch die Möglichkeit eine Samen- und Gemüsegärtnerei, die auf ähnliche Weise wirtschaftet, aufzubauen, sowie die Infrastruktur für das Gasthaus und das Badehaus, die beide Schritt für Schritt aufgebaut und solidarisch gestaltet werden sollen. Gärtnerei, Gasthaus und Badehaus zeigen auf, wie wir vorgehen wollen. Wir fragen: Was ist schon da, was braucht es, und wie können wir das auf fürsorgende und solidarische Weise möglich machen?