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Auszubildende leiten erstmals OP-Saal

Die OTA-Auszubildende Maha Rascho (links) assistiert als Instrumentiererin den Unfallchirurgen Dr. Thomas Näther und Florian Kohler. Fotos: EKW
Die OTA-Auszubildende Maha Rascho (links) assistiert als Instrumentiererin den Unfallchirurgen Dr. Thomas Näther und Florian Kohler. Fotos: EKW

Verantwortung, Selbstständigkeit und Organisationstalent – das konnten jetzt drei OTA- und eine ATA-Auszubildende des Ev. Krankenhauses Göttingen-Weende (EKW) beweisen. Bei dem Projekt „Azubis leiten einen OP“ haben sie einen Operationssaal (fast) ganz alleine geleitet – natürlich immer unter Einzelbegleitung und den wachsamen Augen der Praxisanleiter, die aber nur bei Bedarf eingegriffen haben.

Doch was heißt OTA und ATA überhaupt? OTA ist die Abkürzung für Operationstechnische Assistenz, ATA heißt Anästhesietechnische Assistenz. Beide Berufe werden im EKW bereits seit mehreren Jahren ausgebildet. Ziel der einwöchigen Aktion, die zum ersten Mal stattfand, war die Vorbereitung auf das bevorstehende Examen und den späteren Berufsalltag. Initiatoren waren die ATA- und OTA-Praxisanleiter, die für die insgesamt elf Auszubildenden das Verbindungsglied zwischen Theorie und Praxis sind und zu einer guten Ausbildung und dem Bestehen der Prüfung beitragen. Die Idee der Praxiswoche ist entstanden in Anlehnung an ein ähnliches Projekt im Weender Krankenhaus, bei dem Auszubildende zur Pflegefachkraft eine Krankenhausstation für einen bestimmten Zeitraum leiten.

Besuch im E-Saal, einem von 15 Operationssälen im Weender Krankenhaus: Auf dem OP-Tisch liegt eine ältere Patientin, die sich das Handgelenk gebrochen hat. Während die Unfallchirurgen Dr. Thomas Näther und Florian Kohler die Fraktur operieren, sitzt direkt daneben OTA-Azubi Maha Rascho. Sie ist bei dieser Operation als sogenannte Instrumentierende im Einsatz. Dafür ist sie steril gekleidet und assistiert den Operateuren. Dazu zählt auch das Anreichen der richtigen Instrumente wie Nadelhalter oder Pinzette. „Wir lernen in der Ausbildung, immer einen Schritt vorauszudenken, so dass die Operation reibungslos funktioniert“, sagt Melina Schmitt, ebenfalls OTA-Auszubildende. „Um zu wissen, was der Operateur als nächstes benötigt, müssen wir nicht nur die Abläufe von den unterschiedlichsten

Operationen kennen, sondern auch alle Instrumente.“

Zu den häufigsten Operationen während der Projektwoche zählten neben den Handgelenksbrüchen vor allem Sprunggelenkfrakturen, aber auch eine Nierenentfernung mit großem Tumor oder eine sogenannte transurethrale Resektion der Harnblase stand auf dem OP-Programm der Azubis. Dabei handelt es sich um einen Eingriff zur Abtragung von erkranktem, bösartigem Gewebe des unteren Harntraktes.

Doch zurück zur laufenden Handgelenk-Operation: Melina Schmitt ist hier als Springerin eingeteilt. Dabei überreicht sie Instrumente an die Instrumentierende Maha Rascho. „Ich bin als Springerin für die Materialien zuständig, muss die Verpackungen der sterilen Instrumente aufreißen und diese auf Fehler kontrollieren.“ Außerdem, so Schmitt, zählt auch die Dokumentation zu ihren Aufgaben: Wann hat die Operation begonnen, wie lange dauerte sie und welche Implantate wurden eingebracht? Eine weitere wichtige Aufgabe ist auch die Sicherstellung von höchsten Hygienestandards. In der OP-Schleuse zum E-Saal zieht währenddessen ATA-Auszubildende Maike Marx ein Medikament für die nächste Operation auf. Als Anästhesietechnische Assistentin legt sie bei den Patienten zudem ein EKG an, misst den Blutdruck und die Sauerstoffsättigung und legt venöse Zugänge. „Das sind alles Vorarbeiten für den Anästhesisten, der während jeder Operation die Narkosetiefe und die lebenswichtigen Organsysteme überwacht sowie für die Schmerztherapie sorgt. Die Aufgaben von OTAs und ATAs sind klar getrennt, es gibt aber auch Schnittstellen, wie beim Einschleusen der Patienten in den OP-Saal oder bei der Übergabe an das OP-Team. Dabei werden Informationen über Medikamentenunverträglichkeiten, Allergien, besondere Vorerkrankungen oder frühere Operationen ausgetauscht, die für die Operation relevant sind. Generell unterstützen sich OTAs und ATAs also gegenseitig.


Die OTA-Auszubildenden Melina Schmitt (links) und Ariane Wansiedler sind während der Operation als sogenannte Springer eingesetzt.

„Das Projekt ist ein sehr gutes Training für den Beruf“, findet Melina Schmitt. Die 22-Jährige hat vor ihrer jetzigen Ausbildung bereits eine Ausbildung als Medizinische Fachangestellte im Gesundheitspark des EKW absolviert und wird nach ihrem Examen im Sommer als ausgelernte OTA übernommen. „Das Team hier im Weender Krankenhaus ist toll, die Atmosphäre familiär. Das gefällt mir.“

Während der Ausbildung haben die Auszubildenden immer die Praxisanleiter und die examinierten Fachkräfte im Hintergrund, die aufpassen, dass alles richtig gemacht wird. „Während dieser Trainingswoche bekommen wir direkt mit, was es heißt, einen OP-Saal ganz alleine zu betreuen“, sagt Schmitt.


Die ATA-Auszubildende Maike Marx zieht in der OP-Schleuse ein Medikament für die nächste Operation auf.

Das Mitdenken sei nun besonders wichtig. „Ich finde die Aktion super, man wird von Tag zu Tag selbstsicherer und die Abläufe klappen besser“, sagt ATA-Auszubildende Maike Marx. „Es stärkt unheimlich das Selbstbewusstsein. Und für mich ist die Woche eine perfekte Vorbereitung auf die Zwischenprüfung.“ Marx ist bereits 42 Jahre alt, hat drei Kinder und ist eigentlich Installateur- und Heizungsbaumeisterin. Nach zwanzig Jahren im alten Beruf war es Zeit für einen Wechsel, sagt Marx, denn „wenn ein Job nicht glücklich macht, dann sollte man aufhören.“ Das hier, so Marx, wollte ich schon immer machen. Es sei eine der besten Entscheidung gewesen, die sie je getroffen habe.  „Während dieser besonderen Woche sorgten die Auszubildenden eigenverantwortlich für einen reibungslosen Betrieb eines Operationssaals“, erklären die betreuenden Praxisanleiter, die darauf achten, dass „nichts schiefgeht“. Zu den Aufgaben der Azubis gehören auch das Planen und Vorbereiten am Tag zuvor und das Abstimmen und Absprechen verschiedenster Dinge im gesamten Team. Dabei sei der Zeitfaktor sehr wichtig und die Qualität muss stimmen, so die Praxisanleiter. „Das wollen und müssen wir den Azubis vermitteln.“


Die OTA-Auszubildende Melina Schmitt zeigt im unfallchirurgischen Lager sterile Container mit Instrumenten für anstehende Operationen.

 „Das Projekt ´Auszubildende leiten einen OP` ist ein Novum am Weender Krankenhaus“, sagt OP-Manager Frank Günther. „Die Auszubildenden, Praxisanleiter und Operateure hatten eine tolle Woche, zeigte sie doch einmal mehr, dass die fast dreijährige Ausbildung erfolgreich absolviert wird – auch wenn die richtige Prüfung erst noch bevorsteht.“ Das Projekt „Auszubildende leiten einen OP“ soll nach der erfolgreichen Woche nun jährlich stattfinden.