Es ist ruhig geworden um eines der wohl prestigeträchtigsten Bauvorhaben in der Stadt Göttingen. Seit rund vier Jahren plant die Näder Projektentwicklungsgesellschaft GmbH & Co. KG auf dem Gelände der Firma Sycor, nördlich des Bahnhofsplatz, die Entwicklung eines neuen urbanen Quartiers.
Ende April 2021 wurden die Entwürfe der Wettbewerbsjury vorgestellt. Am Wettbewerb hatten drei Architekturbüros teilgenommen – BMP Architekten aus Göttingen, Chipperfield Architects und Gnädinger Architekten aus Berlin. Chipperfield Architects gewannen den Wettbewerb. Für Ende 2024 war der Baubeginn avisiert. Doch bisher gibt es keine sichtbaren Fortschritte. Kommt im Jahr 2025 vielleicht Bewegung in das Vorhaben?
Die Historie des geplanten Neubaus am Göttinger Bahnhof ist lang. Bereits im Jahr 2006 gab es erste Bestrebungen den Firmenstandort Sycor durch Erweiterungen und Neubauten aufzuwerten. Die Planungen wurden damals jedoch nicht weiterverfolgt. Auch eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung wurde nicht durchgeführt. Nach dem Auszug der Deutschen Post im Mai 2021 soll das Bestandsgebäude abgerissen und durch eine Neubebauung des Areals ersetzt werden. Im Jahr 2023 wurde entschieden, dass das künftige urbane Quartier mit Gewerbe und 160 Wohnungen fünfeinhalb Obergeschosse haben soll. Unter anderem diese Vorgabe soll in den Städtebaulichen Vertrag einfließen, der erarbeitet werden soll, hieß es damals von der Stadt Göttingen.
Insgesamt zeigten sich Vertreter aus Verwaltung und Politik zufrieden mit den Plänen. Die unterschiedlichen Höhen der Gebäudeteile, sechs Obergeschosse zu den Bahngleisen, fünf Geschosse zum Bahnhofsvorplatz und zur Innenstadt, nehmen laut Verwaltung Bezug auf die bestehende Bebauung. Außerdem biete die vom Bauausschuss befürwortete Variante durch einen größeren Abstand des künftigen Quartiers zum Bahnhofsgebäude mehr Raum. Damit werde ein „adäquater Übergang zwischen alt und neu“ geschaffen. Nach Ansicht von Göttingens Bau- und Umweltdezernent Frithjof Look werde mit dem Projekt eine „deutliche Architektursprache“ erzählt. „Die räumliche Klarheit“ sei zu begrüßen. Mit Blick auf die Innenentwicklung in Göttingen sei es notwendig, diesen „neuen Stadtbaustein“ zu entwickeln. Die Ausschussmitglieder Sylvia Binkenstein (SPD) und Dr. Francisco Welter-Schultes (Bündnis für nachhaltige Stadtentwicklung) kritisierten die Höhe des Gebäudekomplexes. Lob kam von Julian Schlumberger (Grüne) unter anderem für die Verwendung von Holz bei der Realisierung. Seit dem gab es keine Neuigkeiten.
„Bevor ein Bauvorhaben sichtbar wird, gibt es einige Planungsvorgänge, Genehmigungsverfahren und Abstimmungsprozesse im Hintergrund. Hier sind wir gemeinsam mit der Stadt im guten Austausch. Der nächste Meilenstein ist dann die Aufstellung und Verabschiedung des Bebauungsplans. Einen konkreten Zeitpunkt gibt es dafür nicht,“ ergänzt Bernd Kemmerling, Projektleiter der Näder Holding GmbH & Co. KG. Eine Kostenschätzung sei laut Kemmerling zum jetzigen Zeitpunkt auch noch verfrüht.
"Die konkrete Planung bzw. das Nutzungskonzept und die Erschließungsplanung werden derzeit mit dem Vorhabenträger abgestimmt. Danach wird der Bebauungsplanentwurf erstellt. Wir stehen hier im intensiven und vertrauensvollen Kontakt mit dem Vorhabenträger“, betont der Pressesprecher der Stadt Göttingen Dominik Kimyon. Der Vertrag über die Ausgestaltung der Details und Feinheiten des Baus sei allerdings noch nicht vollständig ausgehandelt. „Das Näder-Projekt ist ein Prestigeobjekt für die Stadt Göttingen, gerade am Bahnhof sind in jüngster Zeit mehrere markante Gebäude entstanden, die das Stadtbild prägen. Auch das Näder Projekt dürfte dazu in nicht unerheblichem Masse beitragen“, so Kimyon.