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Kampf um Zukunft: Belegschaft von Musashi Hann. Münden gibt nicht auf

Kundgebung nach Mitarbeiterversammlung bei Musashi in Hann. Münden. Fotos: Marks
Kundgebung nach Mitarbeiterversammlung bei Musashi in Hann. Münden. Fotos: Marks

Hann. Münden, 29. Oktober 2025 – Trotz der angekündigten Werksschließung zum Jahr 2026 bleibt die Belegschaft des Autozulieferers Musashi in Hann. Münden kämpferisch. Am Mittwochmorgen versammelten sich Beschäftigte, Betriebsratsmitglieder und Unterstützer zu einer kurzen, aber symbolträchtigen Kundgebung auf dem Werksgelände. Die zentrale Botschaft: Der Widerstand gegen die Schließung ist noch nicht beendet – und die Einhaltung des geltenden Tarifvertrags bleibt oberstes Ziel.

„Noch haben wir Hoffnung. Wir kämpfen weiter“, erklärte Karl Koch, Betriebsratsvorsitzender des Standorts Hann. Münden. Zwar sei es fraglich, ob die Schließung des Werkes Hann. Münden noch abgewendet werden könne, doch der Fokus liege nun auf der Aushandlung fairer Sozialpläne, Abfindungen und Übergangslösungen für die rund 170 betroffenen Beschäftigten. 


Der Betriebsratsvorsitzende Karl Koch ist seit 38 Jahren bei Musashi in Hann. Münden beschäftigt. 

Die IG Metall fordert weiterhin die Einhaltung des Transformations-, Zukunfts- und Sozialtarifvertrags (TZS-TV), der 2022 abgeschlossen wurde und betriebsbedingte Kündigungen sowie Werksschließungen bis mindestens 2030 ausschließt. Musashi hingegen beruft sich auf wirtschaftliche Zwänge: Seit Jahren schreibt das Unternehmen rote Zahlen, allein in Europa belaufen sich die Verluste auf rund 100 Millionen Euro. Der Absatz traditioneller Antriebskomponenten sei eingebrochen, Investitionen in neue Technologien blieben aus. 

Die Gewerkschaft hat daher die Einsetzung eines Schlichters vorgeschlagen, um die festgefahrenen Verhandlungen wieder in Gang zu bringen. Auch ein sogenannter Sicherungstarifvertrag steht im Raum, der im Falle einer Insolvenz tarifliche Ansprüche absichern soll.

Die Kundgebung am 29. Oktober war Teil einer Reihe von Protestaktionen, mit denen die Beschäftigten auf ihre Lage aufmerksam machen. Unterstützung kommt nicht nur von der IG Metall, sondern auch aus der Region. Viele sehen in der drohenden Schließung einen herben Verlust für den Wirtschaftsstandort Hann. Münden, wo Musashi seit über 50 Jahren ansässig ist. Ob die Gespräche mit der Unternehmensleitung zu einem tragfähigen Kompromiss führen, bleibt offen. Klar ist jedoch: Die Belegschaft will sich nicht kampflos geschlagen geben.

Ein Werk mit über 50 Jahren Geschichte

Das Werk in Hann. Münden wurde 1971 als Familienunternehmen unter dem Namen „Metallumform Präzisionswerkstücke Gruppe“ gegründet. Es entwickelte sich rasch zu einem bedeutenden Standort für die Herstellung von Antriebskomponenten wie Kugelnaben, Kurvenringen und Getrieberädern. Mit einer Produktionsfläche von 11.000 Quadratmetern und modernster Technik – darunter Hatebur-Pressen, Wärmebehandlungsanlagen und über 50 Drehmaschinen – war das Werk über Jahrzehnte ein industrielles Rückgrat der Region. 2013 wurde das Unternehmen von der HAY-Gruppe übernommen, die wiederum 2016/17 in den japanischen Musashi-Konzern integriert wurde. Seitdem firmiert der Standort unter dem Namen Musashi Europe GmbH. 

Strukturwandel trifft Traditionsstandort

Die geplante Schließung ist Teil einer umfassenden Restrukturierung des Konzerns. Der Wandel hin zur Elektromobilität hat die Nachfrage nach klassischen Antriebskomponenten wie Kupplungskörpern und Tellerrädern drastisch sinken lassen. Produkte, die in E-Fahrzeugen kaum noch benötigt werden, bilden jedoch das Kerngeschäft des Werks in Hann. Münden. Bereits 2022 wurde ein Transformations-, Zukunfts- und Sozialtarifvertrag (TZS-TV) abgeschlossen, der betriebsbedingte Kündigungen bis 2030 ausschließen sollte. Doch angesichts von Verlusten in dreistelliger Millionenhöhe beruft sich Musashi nun auf eine „Verschlechterung der Rahmenbedingungen“ und strebt Nachverhandlungen an. 

Die Kundgebung am 29. Oktober war ein deutliches Zeichen der Solidarität – nicht nur innerhalb der Belegschaft, sondern auch aus der Region. Hann. Münden droht mit dem Verlust des Werks nicht nur ein wirtschaftlicher Einschnitt, sondern auch das Ende eines Stücks Industriegeschichte.