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Warum Wolle glücklich macht

Mona Bornschlegl betrachtet zufrieden das Ergebnis ihrer Arbeit - die gewaschene Wolle auf dem Trocknungsboden ihrer Manufaktur in Elliehausen bei Göttingen. Fotos Bernard Marks .
Mona Bornschlegl betrachtet zufrieden das Ergebnis ihrer Arbeit - die gewaschene Wolle auf dem Trocknungsboden ihrer Manufaktur in Elliehausen bei Göttingen. Fotos Bernard Marks .

Mona Bornschlegl hat ihren Traum zum Beruf gemacht. Mit ihrer Firma „Monas Wollkessel“ macht sie heimische Wolle als Werkstoff wieder nutzbar - nicht selten ist das Balsam für die menschliche Seele.

„Passen Sie auf, dass sie nicht runterfallen“, sagt Mona Bornschlegl als sie sicheren Schrittes über die steile Leiter auf den Dachboden steigt. Unter dem schützenden Dach des historischen Gehöfts in Elliehausen im nördlichen Göttingen lagert der Schatz ihres Unternehmens - die gewaschene und gesäuberte Wolle, die hier in breiten Regalen zum Trocknen ausliegt. Viele Arbeitsschritte sind bis hierhin bereits absolviert - das Scheren der Wolle, das Sortieren nach Qualität, Feinheit und Farbe sowie das Waschen. „Die Rohwolle enthält natürliche Fette (Lanolin) und Schmutz, daher wird sie gründlich gewaschen, um diese Verunreinigungen zu entfernen“, erklärt die Expertin. Beim anschließenden Kardieren werden die Wollfasern mit Karden (Bürsten mit feinen Zähnen) aufgelockert und parallelisiert. „Dadurch entsteht ein lockeres Vlies, das die Grundlage für die Weiterverarbeitung bildet – beispielsweise zu Garnen oder Bettdecken“, so Bornschlegl. Vorsichtig nimmt sie ein bisschen Wolle in die Hand. „Sie riecht kaum noch nach Schaf“, sagt sie und strahlt sichtlich zufrieden. Doch längst ist nicht alle Arbeit getan. 

Vom gut bezahlten Job an der Universität zur selbständigen Unternehmerin - die promovierte Psychologin Mona Bornschlegl ging mit ihrem Start-up „Monas Wollkessel“ vor rund einem Jahr ein nicht unbeträchtliches finanzielles Risiko ein. Heute ist sie mit dieser Entscheidung mehr als zufrieden. „Ich hatte genug von den befristeten Jobs in der Forschung und bin froh, diesen Weg eingeschlagen zu haben, denn Wolle macht glücklich“, sagt Bornschlegl. Ihrer Meinung nach sollten Menschen viel mehr Kleidung aus Wolle tragen, denn Wolle hält nicht nur im Winter warm, sondern schützt auch im Sommer vor Hitze. „Vor allem sollte man die Wolle von einheimischen Schafen nutzen, denn die sind optimal an das regionale Wetter angepasst“, rät die Wollexpertin.

Wolle nicht einfach wegwerfen

Monas Konzept: Sie will Wolle aus dem Göttinger Land für Menschen, die Wolle lieben, wieder verfügbar und nutzbar machen und setzt sich dafür ein, dass die regionale Wolle von den Schäfern nicht einfach weggeworfen wird, sondern verwertet und verwendet wird. Ihr Ziel ist es dabei, den wertvollen Rohstoff Schafwolle so natürlich wie möglich aufzubereiten und für den Freizeitbereich (Filzen, Spinnen, Stricken, Häkeln und Weben) verfügbar zu machen.

In ihrer kleinen und feinen Manufaktur hat sich die Vierzigjährige deshalb auf die professionelle Aufbereitung von Rohwolle spezialisiert. „Die traditionelle Methode der Reinigung mit Pottasche verbunden mit moderner Technik sorgt dafür, dass die Wolle schonend behandelt wird und ihre natürlichen Eigenschaften behält“, erklärt sie. Das Ganze macht sie ressourcenschonend und nachhaltig. Neben ihrem Service bietet sie zudem auf Anfrage eine breite Auswahl an Kursen und Workshops an, bei denen sie als erfahrene Dozentin und Kursleiterin die Inhalte an die individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Kund*innen anpasst. Auch hat sie neben dem exklusiven Leineschaf Garn allerlei "wollige Waren“, wie Hundespielzeug oder Spiele aus Wolle, im Angebot. Nicht zuletzt steht sie mit ihrem Fachwissen jederzeit für Fragen rund um Wolle und Wollverarbeitung zur Verfügung.

Wolle ist nicht nur Wolle

Die Verarbeitung von Wolle bietet vielfältige Möglichkeiten zur kreativen Gestaltung und Nutzung. Man kann Farben, Muster und Texturen frei wählen und so individuelle Werke schaffen. Das Erfolgserlebnis, ein eigenes Werkstück anzufertigen, stärkt das Selbstvertrauen und das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Handarbeiten können auch als Ventil für Emotionen dienen. Man kann auch Gefühle wie Freude, Trauer oder Wut in die Arbeit einfließen lassen und so auf kreative Weise verarbeiten. „Die Konzentration auf die Handarbeit kann dazu beitragen, den Geist von negativen Gedanken und Sorgen abzulenken. Es fördert Achtsamkeit und das Eintauchen in den gegenwärtigen Moment ähnlich einer Meditation. Viele Menschen berichten, dass sie beim Verarbeiten von Wolle in einen sogenannten "Flow" geraten. Dies ist ein Zustand tiefer Konzentration und Befriedigung, in dem man die Zeit vergisst und sich voll und ganz auf die Tätigkeit einlässt“, erklärt Bornschlegl. Auf diese Weise bringt sie auch ihren angestammten Beruf als Psychologin in das Geschäft ein. „Die Verarbeitung von Wolle kann deshalb sogar heilsam für die menschliche Psyche sein“, ist sie überzeugt.

Infos unter www.monas-wollkessel.de

Wolle als Wegwerfprodukt

Sie ist warm, wasserabweisend und biologisch abbaubar. Und doch ist Wolle in vielen Teilen Europas zum Abfallprodukt geworden. Meist deckt der Verkauf nicht einmal mehr die Kosten für die Schur. Viele deutschen Schäfer werfen ihre Wolle deshalb weg. Es lohnt sich schlichtweg nicht mehr, die Wolle zu verkaufen. Pro Schur liefert ein Schaf drei bis vier Kilogramm Wolle. Dafür erhält der Schäfer etwa 30 bis 80 Cent pro Kilogramm Mischwolle, für feine Merinowolle gibt es 1,40 Euro. Die Schur kostet zwei bis fünf Euro pro Tier. Hinzu kommen die Arbeitszeit für das Sortieren der Wolle, die Transport- oder die Portokosten. Da gerät der Schafhalter unterm Strich ins Minus. Wer Glück hat, dem nimmt der Scherer die Wolle kostenlos ab, andere kompostieren sie oder nutzen sie als Wärmedämmung im Haus.

 

Wie man Wolle nutzen kann

Mit ihren einzigartigen Eigenschaften (gute Wärmedämmung, feuchtigkeitsbindend, schwer entflammbar) dient Schafwolle zur Herstellung von Bekleidung, als Dämmstoff oder als einfacher und umweltfreundlicher Luftfilter. Medizinisch gegerbte Schaf- und Lammfelle werden gern auch als Schlafunterlage und bei Körper- und Muskelverspannungen sowie Allergien, Nervenschmerzen und Rheuma genutzt. Derzeit ist Wolle als Dünger beliebt. Wolle steckt voller wichtiger Nährstoffe, die Pflanzen beim Wachsen helfen können. Wolle enthält mehr Kalium als Kompost und etwa 15x so viel Stickstoff. Damit ist sie der Champion unter den Düngemitteln und dabei komplett natürlichen Ursprungs. Außerdem kann eine Mulchschicht aus Schafwolle und Wolle in der Erde die Pflanzen vor Trockenheit schützen.