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Artikelfoto Der Hann. Mündener Autor Florian Schäfer. zVg.

Die sagenhafte Expedition von Konstantin O. Boldt

Ein Gespräch mit dem Hann. Mündener Autor Florian Schäfer über sein neuestes Buch „Fast vergessene Fabelwesen“.

Mein Münden: Was hat Sie dazu inspiriert, ein Buch über die Expedition von Konstantin O. Boldt und das rätselhafte Verschwinden der Fabelwesen zu schreiben und was ist O. Boldt für ein Mensch?

Florian Schäfer: Mit meinem Projekt „Forgotten Creatures“ beschäftige ich mich schwerpunktmäßig mit den fast vergessenen Sagengestalten des deutschsprachigen Raumes. Dabei geht es mir vor allem darum, die historischen Hintergründe hinter dem Glauben an mythische Wesen und Sagengestalten zu erklären und den Menschen unsere Kulturgeschichte näher zu bringen. In der Ausstellung „Kabinett der Kreaturen“ in den Denkräumen für Kulturgeschichte(n) kann man einigen dieser Wesen begegnen. Neben der musealen Vermittlung und unseren aufwändig recherchierten Sachbüchern hatten wir nun die Chance, ein belletristisches Werk zu erschaffen. Gemeinsam mit der Illustratorin Elif Siebenpfeiffer habe ich „Fast vergessene Fabelwesen“ umgesetzt, einen historischen Fantasieroman in Form eines Reisetagebuchs. (siehe Handlung unten). Inspiriert zu der Geschichte und dem dahinter liegenden Setting hat mich einerseits meine jahrzehntelange Beschäftigung mit den Sagen und Märchen Europas, auf der anderen Seite aber auch meine Arbeit im Natur‐ und Artenschutz. Ich habe ursprünglich Biologie studiert und die Erhaltung bedrohter Arten ist für mich eine Herzensangelegenheit. Da stellte ich mir die Frage: Wie würden wir mit magischen Kreaturen wie dem Einhorn oder Drachen umgehen, wenn sie real wären? Hätten sie bis heute überlebt oder wären sie längst ausgestorben? Wer würde sich für Ihre Erforschung und Bewahrung einsetzen? Diesen Fragen kann man in einem Fantasy‐Roman wunderbar nachgehen und dabei so‐ wohl einen Blick auf unseren (historischen) Umgang mit Tieren werfen, als auch eine spannende Abenteuer‐Geschichte erzählen. Konstantin O. Boldt ist ein junger Mythozoologe, der sein ganzes Leben der Erforschung magischer Kreaturen gewidmet hat. Die „Letho‐Expedition“ ist in gewisser Weise sein Durchbruch, seine große Chance, sich einen Namen zu machen und etwas für den Schutz dieser Wesen zu tun. Er ist neugierig und abenteuerlustig, doch plagen ihn auch immer wieder Zweifel, ob sein Weg zur Rettung der Fabelwesen der richtige ist.

Mein Münden: In Ihrem Buch beschreiben Sie eine Welt voller faszinierender Fabelwesen und Abenteuer. Welche Aspekte dieser Welt haben Sie besonders fasziniert, und wie haben Sie die Forschungsarbeit für Ihr Buch durchgeführt?

Florian Schäfer: Ich wollte mit diesem Buch eine Fantasy‐Geschichte schreiben, die unmittelbar auf unserem europäischen Sagenschatz beruht, dabei aber etwas weiter geht und keine „mittelalterliche Heldengeschichte“ erzählt, sondern sich auch mit heutigen gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzt. Daher passte die Zeit der Industrialisierung als Epoche perfekt. Die einzelnen Fabelwesen beruhen dabei nahezu vollständig auf realen historischen Beschreibungen dieser Sagengestalten. Hier habe ich sehr viel recherchiert, auch, um das historische Bild Europas akkurat einzufangen und die Frage „Wie sähe unsere Welt aus, wenn Fabelwesen wirklich existiert hätten?“ in ein spannendes Abenteuer umzusetzen. Besondere Freude hat mir dabei bereitet, ein ehrliches Buch zu schreiben. Was das heißt? „Fast verschwundene Fabelwesen“ ist kein Kinderbuch, dass eine „heile Welt“ beschreibt. Die Protagonisten werden mit zahlreichen Gefahren und moralischen Fragen konfrontiert. Konstantin O. Boldt wächst in einer Welt auf, in der Preußen und Österreich kurz vor einem Krieg stehen. In dieser Zeit spürt er das Schwinden der magischen Kreaturen und beschließt, etwas dagegen tun zu wollen. Er und seine Begleiter wollen magische Wesen beschützen, doch müssen zunächst herausfinden, wie das überhaupt möglich ist.

Mein Münden: Die Expedition von O. Boldt scheint eine Mischung aus Abenteuer, Wissenschaft und Fantasie zu sein. Wie haben Sie versucht, diese verschiedenen Elemente in Ihrem Buch miteinander zu verknüpfen und eine fesselnde Geschichte zu erzählen?

Florian Schäfer: Das trifft es ziemlich gut. Das Besondere an unserem Buch ist, dass es nicht einfach ein Roman ist, sondern ein echtes Reisetagebuch, wie es Konstantin O. Boldt, der fiktive Zoologe und Erforscher der Fabelwesen, persönlich zusammengestellt hat. Auf fast jeder Seite finden sich handschriftliche Bemerkungen, gezeichnete Skizzen und historisches Bildmaterial. Und es werden nicht nur verschiedene Fabelwesen Europas vorgestellt, sondern auch ihr Sozialverhalten beschrieben, die Art und Weise, wie sie mit Menschen zusammenleben und welche Abenteuer die Expedition rund um ihre Erforschung erlebt. Diese verschiedenen Elemente haben wir sorgsam aufeinander abgestimmt, um ein unvergessliches (Lese)erlebnis zu schaffen. Und dieses Erlebnis muss beim Buch nicht enden: In den Denkräumen für Kulturgeschichte(n) können Führungen mit Herrn Boldt gebucht werden.