Die Wissenschaft des Glücks
- Von Susanne Wesche --
- 20.12.2023
In unserem exklusiven Interview mit dem renommierten Hirnforscher Gerald Hüther öffnet sich ein Fenster in die Welt des kindlichen Glücks und die Verbindung zur modernen Hirnforschung. Hüther, bekannt für seine wegweisenden Forschungen, hat kürzlich ein Kinderbuch über das Glück verfasst, das seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in eine für Kinder verständliche Form bringt.
"Es ist wohl der größte Wunsch aller Eltern, dass ihre Kinder glücklich sind. Dafür sind sie bereit, alles zu tun, was in ihrer Macht steht“, beginnt Hüther seine Erklärung. Dieser einfache Wunsch der Eltern inspirierte ihn dazu, die komplexe Thematik des Glücks in kindgerechter Weise zu ergründen. In seiner Forschung stellte Hüther fest, dass viele Eltern glauben, materielle Wünsche ihrer Kinder zu erfüllen, sei der Schlüssel zum Glück: „Viele meinten, dass Kinder dann am glücklichsten sind, wenn sie das bekommen, was sie sich wünschen.“ Die verbreitete Annahme, dass materielle Dinge und die damit verbundene Aktivierung von Glückszentren im Gehirn ausschlaggebend für das kindliche Wohlbefinden sind, stieß bei Hüther auf Unverständnis: „Das hat mich sehr geärgert, weil ich dachte, dass diese aus dem letzten Jahrhundert stammenden und sehr fragwürdigen Vorstellungen von dem, was uns Menschen glücklich macht, längst überwunden sind.“ Um dieser Herausforderung zu begegnen, schuf Hüther gemeinsam mit der Kinderbuchautorin Inge Michel ein Werk, das sowohl Kinder als auch Erwachsene anspricht. In diesem Buch begleiten die Leser die Charaktere Felix und Feline auf ihrer Entdeckungsreise zum wahren Glück. Hüther erklärt weiter: „Wir hatten gehofft, dass es auch die Eltern lesen und deshalb noch einen Anhang 'Kleine Glückskunde für Erwachsene' angefügt.“
Im folgenden Teil unseres Gesprächs tauchen wir tiefer in Hüthers Ansichten ein und erkunden, wie seine Forschungen und Überzeugungen die Grundlage für dieses einzigartige Kinderbuch bildeten.
Herr Hüther, als Hirnforscher, was hat Sie dazu inspiriert, ein Kinderbuch über das Glück zu schreiben? Inwiefern spiegelt dieses Buch Ihre Forschungsergebnisse wider?
Gerald Hüther: Es ist wohl der größte Wunsch aller Eltern, dass ihre Kinder glücklich sind. Dafür sind sie bereit, alles zu tun, was in ihrer Macht steht. Ich habe Eltern gefragt, was ihr Kind ihrer Meinung nach braucht, um glücklich zu sein. Viele meinten, dass Kinder dann am glücklichsten sind, wenn sie das bekommen, was sie sich wünschen. Meist waren das irgendwelche materiellen Dinge, also Spielgeräte oder Kleidungsstücke, oft solche Sachen, mit denen von ihnen bewunderte Gleichaltrige angaben oder die sie in der Werbung gesehen hatten. Und als ich dann nachfragte, wieso sie glaubten, dass diese Dinge ihre Kinder glücklich machen, erzählten sie mir von der Aktivierung von Glückszentren im Gehirn und der Ausschüttung von Glückshormonen, und was sie noch so alles darüber gehört und aus den Medien erfahren hatten. Das hat mich sehr geärgert, weil ich dachte, dass diese aus dem letzten Jahrhundert stammenden und sehr fragwürdigen Vorstellungen von dem, was uns Menschen glücklich macht, längst überwunden sind. Also habe ich mit der Kinderbuchautorin Inge Michel zusammen ein Buch geschrieben, in dem zwei Kinder, Felix und Feline, entdecken, wie das mit dem Glücklichsein funktioniert. Wir hatten gehofft, dass es auch die Eltern lesen und deshalb noch einen Anhang „Kleine Glückskunde für Erwachsene“ angefügt.
Können Sie uns etwas über den kreativen Prozess erzählen, der zur Entstehung von „Wie kommt das Glück in den Kopf?“ geführt hat? Wie haben Sie komplexe wissenschaftliche Konzepte in eine für Kinder verständliche Sprache übersetzt?
Gerald Hüther: So schwer ist das ja eigentlich nicht, jedenfalls dann nicht, wenn man sich in die Vorstellungswelt und den Wissenshorizont derjenigen hinein versetzt, für die man so ein Buch schreibt. Wenn ich Lehrern erklären möchte, wie das mit dem Glück funktioniert, muß ich es so beschreiben, das sie es verstehen. Wenn es Hirnforscher sind, muß ich es wieder anders darstellen und wenn ich so ein Buch für Politiker hätte schreiben wollen, wäre mir das besonders In unserem exklusiven Interview mit dem renommierten Hirnforscher Gerald Hüther öffnet sich ein Fenster in die Welt des kindlichen Glücks und die Verbindung zur modernen Hirnforschung. Hüther, bekannt für seine wegweisenden Forschungen, hat kürzlich ein Kinderbuch über das Glück verfasst, das seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in eine für Kinder verständliche Form bringt. schwer gefallen. Aber Kindern zu erklären, was sie glücklich macht, ist ja kinderleicht, jedenfalls dann, wenn man sie mag und sie deshalb auch zu verstehen versucht. In allen Fällen muß jedoch das, was ich beschreibe, auch stimmen, also dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse auf diesem Gebiet der Glücksforschung entsprechen.
In Ihrem Buch gehen Felix und Feline auf eine Entdeckungsreise zum Glück. Welche zentralen Botschaften möchten Sie jungen Lesern über das Glück vermitteln, und wie können diese Erkenntnisse ihr Leben beeinflussen?
Gerald Hüther: Kindern geht es auf der Suche nach dem Glück nicht anders als uns Erwachsenen: Weil es sich nicht festhalten lässt, können sie nur versuchen, es in jedem Moment ihres Lebens immer wieder neu entdecken. Also: Macht die Augen auf für all die kleinen Glücksmomente, damit ihr sie nicht verpasst. Und schaut euch um, ob ihr anderen eine Freude machen könnt, denn ein bisschen Glück zu verschenken macht euch viel glücklicher als selbst etwas Beglückendes geschenkt zu bekommen.
Ihr Buch scheint einen starken Fokus auf Selbstwirksamkeit und Gestaltungsfreude zu legen. Wie sehen Sie die Rolle dieser Elemente in der modernen Pädagogik, und wie können Eltern und Erzieher diese Konzepte in die Erziehung integrieren?
Gerald Hüther: Erwachsene, die Kinder ins Leben begleiten, vor allem als Eltern, Erzieher und Lehrer, sollten den Heranwachsenden helfen, sich selbst immer wieder Gelegenheiten zu schaffen, das Glück zu erleben. Das meint ja wohl auch das alte Sprichwort, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist. Wer zu wenige Gelegenheiten hatte, sich über die vielen beglückenden alltäglichen Begebenheiten zu freuen und wer die Erfahrung nicht machen konnte, wie schön es ist, andere Menschen glücklich zu machen, wird allzu leicht ein miesepetriger Schmied, der dann auch noch ständig darauf wartet, dass andere ihn glücklich machen.
Welche Rückmeldungen haben Sie bisher von jungen Lesern und deren Eltern erhalten?
Gerald Hüther: Rückmeldungen über ein Buch bekommt man als Autor nur sehr selten und meist auch eher zufällig. Also bleiben nur die Absatzzahlen als Orientierung, ob ein Buch gut gefunden und weiterempfohlen wird. Dass der Verlag nun nach nur einem Monat schon die zweite Auflage unseres Glücksbuches drucken muß, betrachte ich als ein ermutigendes Zeichen und das macht mich auch ein wenig glücklich.
Welche Verbindung sehen Sie zwischen dem Glücksempfinden und der Entwicklung des kindlichen Gehirns, und wie kann dieses Wissen dazu beitragen, die Entwicklung von Kindern zu fördern?
Gerald Hüther: Kinder, die nicht gelernt haben, aus Stroh Gold zu spinnen, indem sie selbst immer wieder beglückende Lösungen für schwierige Probleme finden, fühlen sich nicht so wohl in ihrer Haut. Sie verlieren ihre Offenheit, ihre angeborene Entdeckerfreude und Gestaltungslust kann sich nicht frei entfalten, sie haben kein Interesse mehr, etwas Neues zu erlernen. Deshalb gelingt es ihnen auch nicht, sich möglichst viel Wissen und Können anzueignen und in ihrem Gehirn zu verankern. So werden sie allzu leicht zu Bedürftigen, denen etwas fehlt, und das versuchen sie dann durch alle möglichen Ersatzbefriedigungen einigermaßen zu kompensieren. Genetisch verankert ist nur die Fähigkeit, das Glück zu empfinden. Wie gut diese Fähigkeit dann aber herausgebildet werden kann, hängt von den Erfahrungen ab, die ein Kind beim Hineinwachsen in seine Familie, im Kindergarten oder der Schule macht. Und die hängen eben sehr von dem ab, was sie in Ihren Familien und den Bildungseinrichtungen vorfinden. Bei Erwachsenen, die selbst nicht glücklich sind, wird ein Kind auch nicht lernen können, wie ein beglückendes Leben gelingen kann.
Welche praktischen Tipps können Sie Eltern und Pädagogen geben, um die Prinzipien aus Ihrem Buch im Alltag mit Kindern umzusetzen?
Gerald Hüther: In Anlehnung an Albert Einstein und den Opa von Felix und Feline kann ich da nur sagen: „Eltern und Erzieher sind die Vorbilder, an denen sich Heranwachsende orientieren. Wenn die außerstande sind, ihr Leben so zu gestalten, dass sie glücklich sind, wie sollen die ihnen anvertrauten Kinder das dann selbst erlernen?