Geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer: Gastronomen unter Druck
- Von Susanne Wesche --
- 23.10.2023
Ab dem 1. Januar 2024 ist eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants von 7 auf 19 Prozent vorgesehen. Dies wurde vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) kommuniziert. Während der Corona-Pandemie wurde die Mehrwertsteuer temporär auf 7 Prozent reduziert, um die Gastronomie zu unterstützen. Die geplante Rückkehr zum vorherigen Steuersatz wird vom DEHOGA kritisiert. Lieferdienste und Fast-Food-Ketten zahlen stets nur 7 Prozent, während Gastronomen in Mehrwegsysteme investieren und qualitativ hochwertige Räumlichkeiten bereitstellen. Der DEHOGA gibt an, dass die Umsätze nach drei Jahren mit Corona-bedingten Verlusten im ersten Quartal 2023 immer noch unter dem Niveau vor der Krise liegen. Die aktuelle Mehrwertsteuer von 7 Prozent hat dazu beigetragen, steigende Kosten in den Bereichen Energie, Lebensmittel und Personal auszugleichen. Eine Erhöhung der Steuer im Jahr 2024 könnte negative Auswirkungen auf Betriebe und Kunden haben. Wir sprachen mit Fabian von Berlepsch, Geschäftsführer von Schloss Berlepsch:
Wie würde sich die geplante Anhebung der Mehrwertsteuer auf Ihr Restaurant und die Preisgestaltung auswirken?
Fabian von Berlepsch: Wir würden die Anhebung der Umsatzsteuer direkt auf die Preise aufschlagen und das aus dem einfach Grund: Wir haben die aktuell gestiegenen Preise, sei es durch Inflation oder Kostensteigerung bei unseren Lieferanten – egal ob im Bereich Energie oder Wareneinsatz sowie die gestiegenen Personalkosten durch die Anhebung des Mindestlohnes – nicht auf unsere Gäste umgelegt. Wir haben versucht, gegen den Trend zu wirken und haben nur moderat angehoben. Wenn jetzt die Anhebung von 7 auf 19 Prozent kommt, werden wir diese Anhebung Eins-zu-Eins aufschlagen MÜSSEN.
Glauben Sie, dass die Anhebung der Mehrwertsteuer langfristige Auswirkungen auf die Branche haben wird?
Fabian von Berlepsch: Die Auswirkungen werden brachial sein. Corona und die hohen Energiekosten haben die Branche geschwächt. Aber wir sind nicht die einzige Branche, die unter diesen Faktoren gelitten hat und noch immer leider. Das jetzige Problem aber, gab es schon vorher: Wir stehen in einem verzerrten Wettbewerb zu anderen Lebensmittellieferanten und Gastronomen. Das heißt, die Systemgastronomie, der Imbiss und der Lieferant haben 7 Prozent Mehrwertsteuer auf ihre Zusatzleistungen des Lieferns und Zubereitens, wohingegen wir, aufgrund einer alten Regelung, in der man den Restaurantbesuch als Luxus angesehen hat, mit 19 Prozent besteuert werden. Der Besuch eines Restaurants ist jedoch heute kein Luxus mehr. Wir leben in einer komplexen Gesellschaft, in der Arbeitsteilung herrscht. Der Chirurg oder der Facharbeiter verbringt heute weniger Zeit zuhause mit dem Kochen, sondern wendet sich an Profis, die ihn bekochen. Die Zukunftsgesellschaft wird sich mehr und mehr in die Aufgaben "reinteilen" und da ist auch der Gastronom gefragt. 2012 bis 2019 hat in Deutschland jedoch die Anzahl an Restaurants um 6,5 Prozent und die Anzahl an Gasthöfen um 28 (!) Prozent abgenommen. In Frankreich hingegen hat von 2014 bis 2020 die Anzahl der Restaurants um 19 Prozent und in Österreich im gleichen Zeitraum sogar um 22 Prozent zugenommen. Wir verzeichnen also bei unseren europäischen Nachbarländern einen gegenteiligen Trend. Und das wiederum hat weitreichende Konsequenzen, weil unsere Branche auch Grundlage für eine weitere wichtige Branche ist: den Tourismus. Die IHK hat den Tourismus als Leitökonomie des 21. Jahrhunderts erklärt und wenn wir Gastronomen wegbrechen, dann kann der Tourismus die Gäste nicht versorgen. Deswegen ist es volkswirtschaftlich unsinnig, unsere Branche weiter so zu schwächen.
Welche Schritte planen Sie, um auf das Problem aufmerksam zu machen bzw. dagegen zu wirken?
Fabian von Berlepsch: Ich halte Kurzvorträge vor Publikum, das sich mit dieser Frage auseinandersetzt. Ich veröffentliche diese Vorträge auch auf meinem Facebook-Kanal und versuche so die Öffentlichkeit auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Es geht nicht darum, eine Branche zu subventionieren, sondern es handelt sich um die Aufhebung einer steuerlichen Ungleichheit, die zu einer Wettbewerbsverzerrung führt, die unsere Branche Stück für Stück eliminiert. Und das ist kein strukturelles Problem. Es ist nicht so, dass unsere Kunden, unsere Gäste nicht mehr an uns interessiert sind, sondern es ist ein steuerlich gemachtes Problem. Und das unterschätzt man, wenn man nicht selbst Betriebswirt ist und sich mit den Kosten eines Unternehmens auseinandersetzt. 12 Prozent Steuerdifferenz heißt 12 Prozent Kostendifferenz. Das heißt, dass man 12 Prozent auf die Preise aufschlagen muss und wir sind in einer Branche, in der man sich freut, vier bis sechs Prozent Rendite am Ende des Jahres erwirtschaftet zu haben. Wenn man also drei- bis viermal so viel erwirtschaften muss, wie die Rendite, die man einfährt, steht man vor einer unlösbaren Aufgabe.