Werbung
Artikelfoto Stella-Maria Antoniades

Improvisierte Geschichten sind ihre Spezialität

Im Gespräch mit den Göttinger QuerQuasslern

Improvisation und das Gestalten von Szenen nach spontanen Inspirationen sind die Spezialität der „QuerQuassler“ aus Göttingen. Gegründet wurde die Gruppe von einigen Impro-Begeisterten im Jahre 2006, damals noch mit dem Namen „Improntinent“. Seither haben die „QuerQuassler“ in wechselnden Besetzungen viele Göttinger Bühnen unsicher und sich mit ihren Impro-Shows einen Namen in der lokalen Szene gemacht. Sie sind beständig bemüht, Neues zu entdecken und andere Formen des Improtheaters zu erkunden. Wir trafen Frederick Kleinwort zum Interview, um mehr über diese besondere Form des Theaterspielens zu erfahren.

 

meineRegion: Sehr geehrter Herr Kleinwort, wie lange spielen Sie schon bei den QuerQuasslern mit und wie sind Sie zum Improtheater gekommen?

Ich hatte Anfang dieses Jahres mein zehnjähriges Jubiläum bei den QuerQuasslern. Eine wirklich lange Zeit von der ich aber keine Sekunde missen möchte. Angefangen habe ich mit Improvisationstheater schon vorher, im Jahr 2006. 

meineRegion: Was unterscheidet das Improtheater von klassischem Schauspiel auf der Bühne?

Beim Impro sind wir Schaupieler*in, Drehbuchautor*in, Regisseur*in und Dramaturg*in gleichzeitig. Die Charaktere, der Text, die ganze Geschichte und wie wir sie erzählen, alles entsteht im Moment und im gemeinsamen Wechselspiel der Schauspieler*innen und ist vorher nicht geprobt und mehrfach überarbeitet. Dadurch ist eine Impro-Darbietung sicher weniger perfekt ausgearbeitet als ein einstudiertes Stück, aber dafür hat es in meinen Augen etwas sehr Echtes. Und es ist auch ein bisschen magisch, wenn auf der Bühne erst einzelne Charaktere, dann Beziehungen und schließlich ganze Geschichten entstehen. Natürlich proben wir auch und machen auch viele Schauspielübungen. Aber wir studieren keine Texte und festen Abläufe, sondern stattdessen Techniken und Strukturen, die uns dann später auf der Bühne helfen. Ich denke, die Beziehung zum Publikum ist beim Impro nochmal deutlich enger als beim klassischen Theater, da wir in den allermeisten Impro-Formaten die Szenen vom Publikum inspirieren lassen oder das Publikum die Szene sogar aktiv mitbestimmt. 
meineRegion: Ist es grundsätzlich schwerer, Texte zu lernen, oder sich immer wieder Neues spontan einfallen zu lassen?

*Lacht*. Ja, das ist, denke ich, ganz individuell und vielleicht ein Stück weit Übungssache. Mir fällt es mittlerweile leichter den Text spontan auszudenken als einen langen Monolog auswendig zu lernen.

meineRegion: Hatten Sie schon einmal einen Blackout auf der Bühne? 

Der Text-Aussetzer, den man beim Skript-Theater haben kann, kommt beim Impro eher selten vor, da wir uns den Text ja meist selber ausdenken, es kann aber dennoch passieren: Ich habe zum Beispiel einmal in einer Szene den Satz vergessen, mit dem die Geschichte enden sollte und den wir vorher vom Publikum als Inspiration bekommen hatten. Da kommt man dann schon kurz ins Schwitzen. Aber beim Impro befolgen wir immer das Motto „Scheiter heiter!“ und meist kann das Publikum sich über kleine Patzer auch sehr amüsieren.

meineRegion: Was war für Sie persönlich Ihre lustigste Situation auf der Bühne?

Puh, das ist schwierig, da gab es im Laufe der Jahre so viele. Und meist ist es beim Impro situationsbedingte Komik, hervorgerufen durch skurrile Charaktere oder spontane Pointen und dadurch kaum nachzuerzählen. Für mich hat Impro auch gar nicht das Primärziel lustig zu sein. Tatsächlich versuche ich in unseren Proben den Neulingen immer einzutrichtern: „Versucht bloß nicht komisch zu sein!“ Die Komik passiert von ganz alleine. Für mich darf Impro auch mal ernst sein und das Publikum berühren und zum Nachdenken anregen. Mein Interesse liegt im gemeinsamen Geschichtenerzählen. Das kann innerhalb einer Szene passieren oder eine abendfüllende Geschichte sein. Ich denke immer gerne an unser Impro-Musical zurück, wo wir, inspiriert durch Ideen aus dem Publikum, ein abendfüllendes Musical improvisiert haben mit zahlreichen Charakteren und einer abgeschlossenen Story. Wenn das Publikum nach der Show denkt, „das haben die sich doch nicht wirklich gerade alles ausgedacht“, dann haben wir alles richtig gemacht.

meineRegion: Woher stammt der Name „QuerQuassler“?

Der Überlieferung nach entstand der Name am Ende einer Probe, als alle munter und laut diskutierten und durcheinander redeten, bis jemand rief: „Jetzt hört doch mal auf, alle quer zu quasseln!“

meineRegion: Erzählen Sie uns kurz, wie die Pandemie die Arbeit der QuerQuassler verändert hat.

Das war im März 2020 schon eine krasse Umstellung. Wir hatten schon die Auftritte für das nächste halbe Jahr geplant, Flyer gedruckt und freuten uns darauf, gemeinsam zum Improfestival nach Oldenburg zu fahren. Dann kam alles anders als geplant. Als Amateurtheatergruppe hatten wir das Glück, dass wir finanziell nicht auf die Auftritte angewiesen waren und die meisten Mitglieder unserer Gruppe konnten ihrem Beruf oder ihrem Studium weiter nachgehen. Die wöchentlichen Proben haben wir direkt in die Online-Welt verlagert, aber es hat etliche Wochen gedauert, bis wir raus hatten, was online funktioniert und was nicht. So sind wir schließlich auch auf Pen&Paper-Erzählspiele und improvisierte Hörspiele gekommen, welche online gut funktionierten und wo wir viel Spaß dran hatten. Dadurch entstand dann auch die Idee zu einigen neuen Impro-Formaten für die Bühne, welche durch diese Spiele inspiriert sind und die wir im nächsten Jahr (hoffentlich) auf der Bühne zeigen werden. Außerdem entstand so auch unser Podcast QuerGeQuasselt, wo wir Hörspiele improvisieren und Pen&Paper-Spiele präsentieren. Den gibt es kostenlos auf unserer Homepage (www.querquassler.de).

meineRegion: Haben Sie, vorbehaltlich der pandemischen Entwicklung, schon Planungen für 2022?

Aktuell ist es mit der Planung gerade wieder schwierig. Unsere Heimatstätte, das Theater im OP, wo wir ca. 2-3 Mal pro Jahr spielen, ist seit Ende November wieder geschlossen. Eigentlich hatten wir uns gefreut dort im Dezember unser neues Format präsentieren zu können, welches auf dem preisgekrönten Erzählspiel „FIASKO“ basiert. 

Wir hoffen die Show Anfang nächsten Jahres nachholen zu können. Im Apex sind wir vor Corona sogar monatlich aufgetreten und auch da hoffen wir im nächsten Jahr wieder auf regelmäßige Shows. Aber wann das sein wird, kann jetzt noch keiner sagen und natürlich steht der Infektionsschutz an erster Stelle.