Kirche in Bewegung
Kirchenkreise Göttingen und Münden zeigten ihre VielfaltVom generationenübergreifenden Musical bis zur individuellen Familienberatung, vom ganzen Spektrum sozialer Arbeit bis zum Paradiesgärtlein für die Artenvielfalt: Der Workshop „Kirche in Bewegung“ der Evangelisch-lutherischen Kirchenkreise Göttingen und Münden in der Dransfelder Stadthalle wurde zu einer Messe der Möglichkeiten und Ideen. Die beiden Kirchenkreise sind ab 2023 zu einem Kirchenkreis vereint und nehmen die regionale Zusammenarbeit in den Fokus. Kennenlernen, Wahrnehmen, Skepsis äußern und Austauschen standen jetzt bei der Veranstaltung in Dransfeld im Mittelpunkt.
Das mit der Bewegung nahm man wörtlich: Auflockern mit Wiebke Vielhauer, stellvertretende Superintendentin aus Göttingen, gehörte dazu, bevor Gosia Borrée und Rüdiger Brunkhorst von der Popularmusik Göttingen alle eingroovten. Zwischen den Ständen der Regionen und Projekte waren „Schlendern und Entdecken“ angesagt, wie es Prof. Dr. Herbert Asselmeyer, Institut für Sozial- und Organisationspädagogik an der Universität Hildesheim, formulierte. Er moderierte locker den Workshop und regte zu Kommunikation und Miteinander an.
Die rund 50 Teilnehmer*Innen ließen sich nicht lange bitten und gingen offen aufeinander zu. Da stieß zum Beispiel „FriedO“ auf reges Interesse, die Arbeitsgemeinschaft evangelischer Kirchen in der Region Friedland-Obernjesa. 15 Kirchengemeinden mit 20 Kirchen und drei Pfarrämter arbeiten dort zusammen, um eine möglichst große Vielfalt an Angeboten aufrecht zu erhalten.
Gemeinsam haben sie ein Pfarrbüro, eine Homepage und einen Gemeindebrief. Kompetenzen bündeln, die Dörfer vernetzen, einander entlasten und voneinander lernen lautet dort die Devise. Damit lebt FriedO vor, wohin auch andernorts die Reise geht: Hin zu einer stärkeren Kooperation verschiedener Gemeinden, zu regionalem statt lokalem Arbeiten und Handeln.
Wie das funktioniert, zeigten auch das „KonfiCamp am Edersee“, an dem Konfirmand*Innen aus acht Kirchengemeinden teilnehmen, oder die Regionale Familienfreizeit Rosdorf. Nicht nur in der eigenen Kirche, auch in der im Nachbarort lässt sich christliche Gemeinschaft gut feiern, das ist bei den Kindergottesdiensten und den Kinderbibeltagen in der Region Rosdorf gang und gäbe, und das praktizieren die Gemeinden im Obergericht mit ihren musikalischen Sommergottesdiensten „Den Himmel in Tönen suchen“. Dabei werden nicht nur rigoros die Kanzeln getauscht - Heimspiel verboten, keiner darf in der eigenen Kirche einen Gottesdienst halten - auch inhaltlich ist das Neue Trumpf im Obergericht. Pflicht ist nur das Vaterunser, ansonsten kann der Gottesdienst auch eine Talkshow sein und wurde auch schon mit Gebärdendolmetscherin gefeiert.
Für jede Region einen Diakon oder eine Diakonin, die sich um die Kinder- und Jugendarbeit kümmern, das wäre schon schön, machten die Diakon*Innen deutlich. Generationenübergreifend singt der Kirchenkreischor „Contakt“ im Mündener Obergericht, in dem inzwischen auch Menschen aus der Region Mitte kommen, weil es so viel Spaß macht. Musizierfreudige Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus mehreren Regionen vereint auch die Popularmusik Göttingen in ihren erfolgreichen Bandprojekten und Musicals.
Überregional in beiden Kirchenkreisen ist die Evangelische Familien-Bildungsstätte aktiv, deren Sprachförderprogramm „Griffbereit“ ebenso für alle bereit steht wie die Nachbarschaftshilfe „Wellcome“, bei der ehrenamtlich Familien unterstützt werden, die gerade ein Baby bekommen haben. Der Diakonieverband Göttingen und die Diakonie im Kirchenkreis Münden haben bereits viele Berührungspunkte. Wie facettenreich die Arbeit der Diakonie ist, zeigte schon die kleine Auswahl, mit der die Mitarbeiter*Innen diese vorstellten: Während die Göttinger den Schwerpunkt Bahnhofsmission gewählt hatten, präsentierten die Mündener exemplarisch die Arbeit der Flüchtlingsberatung, die Alltagshilfe „Gemeinsam gewinnen“ und das Projekt „Paul will mitmachen“, das gegen Kinderarmut kämpft. „Paul“ ist wiederum selbst eine besondere Kooperation: Hier ziehen Stadtkirchengemeinde und Diakonie Münden seit 2007 an einem Strang. Über Spendengelder werden Kindern aus finanzschwachen Familien Klassenfahrten, Nachhilfeunterricht, Vereinsmitgliedschaften und anderes mehr ermöglicht.
Längst nicht alle, die in den Kirchenkreisen Münden und Göttingen aktiv sind, waren mit von der Partie. Und diejenigen, die da waren, konnten oft nur einen kleinen Ausschnitt aus ihrem großen Aufgabengebiet zeigen. Doch selbst diese Einblicke vermittelten ein sehr buntes Bild dessen, was in den Regionen in Bewegung ist. Nun, so Thomas Henning, Superintendent im Kirchenkreis Münden, müsse man weiter die Qualifikationen und Interessen vernetzen.
Ein guter Anfang ist gemacht. Wiebke Vielhauer nach der Veranstaltung: „Ich finde es ermutigend zu sehen, mit wieviel Lust und Kreativität Menschen in Münden und Göttingen regional unterwegs sind. Das weckt Vorfreude auf das, was wir im Zusammengehen der beiden Kirchenkreise gemeinsam entwickeln können.“