Werbung
Artikelfoto Im Interview: Katharina Dehlinger. Foto zVg.

Künstlerische Entfaltung im Einklang mit der Natur

Im idyllischen Dorf Oberrieden befindet sich ein einzigartiger Ort kreativen Schaffens: die Künstlerei am Hofe.

In direkter Nachbarschaft zum Hutzelberghof entfaltet sich die Kunst inmitten von Hoftieren, im Gemüsegarten oder entlang des Feldrandes. Die natürliche Schönheit der umliegenden Wälder, Wiesen und Bäche bietet eine unberührte Kulisse für die künstlerische Arbeit und Inspiration. Die Freude am kreativen Gestalten, der Prozess des Schaffens und der Austausch mit anderen bilden das Fundament für ein vielfältiges Angebot an Workshops, Kursen und Projekten. Dabei stehen unterschiedlichste künstlerische Techniken und Materialien bereit, die ausprobiert und angewendet werden können. Je nach Wetterlage findet die künstlerische Tätigkeit draußen statt oder zieht sich in die gemütliche „Pflanzenwerkstatt“ oder das Atelier zurück. Ein besonderes Anliegen der Künstlerei ist es, umweltbewusst zu handeln. Anlässlich des 5-jährigen Bestehens trafen wir Katharina Dehlinger, Leiterin der Künstlerei, zum Interview:

Mein WMK: Frau Dehlinger, wie ist die Idee zur „Künstlerei am Hofe“ entstanden und was war Ihre ursprüngliche Vision für dieses künstlerische Projekt?

Katharina Dehlinger: Außer meiner eigenen künstlerischen Tätigkeit wollte ich der kulturellen Bildung als studierte Kulturpädagogin und Kunstpädagogin in meiner wahrscheinlich letzten Berufsphase wieder mehr Raum geben. Seit 2019 arbeite ich als Gartenpädagogin am Schulbauernhof Hutzelberg; 2019 gründete ich neben der Arbeit mit den Kindern am Hof die „Künstlerei am Hofe“ als Freiberuflerin. Die Idee, am Hof, in den Gemüsegärten „Kunst zu machen“, entstand schon vorher, da ich mich für meine eigene künstlerische Arbeit sehr oft von „der Natur“, von (Gemüse) Pflanzen inspirieren lasse. Kunst (machen) als Lebensmittel vom Bauernhof steckt in der Idee von der „Künstlerei“, die neben der Bäckerei und der Käserei am Hutzelberghof ihren Platz haben soll. Menschen jeden Alters möchte ich mit der „Künstlerei“ die Möglichkeit für ihre ganz individuelle künstlerische Entdeckungsreise auf dem Hof und in der Natur eröffnen.

Mein WMK: Sie feiern das 5-jährige Jubiläum der „Künstlerei am Hofe“. Welche Höhepunkte und Herausforderungen haben Sie in diesen fünf Jahren erlebt und wie hat sich die Initiative im Laufe der Zeit entwickelt?

Katharina Dehlinger: Da ich nur vier bis fünf Workshops im Jahr in den Sommermonaten anbiete, ist jeder für mich ein Höhepunkt! Besonders freue ich mich über Teilnehmer:innen aus Oberrieden und der Region. Mich begeistern die kreativen Ideen, der Mut, sich auszuprobieren, zu experimentieren, sich einzulassen auf vielleicht ungewöhnliche Sicht-Weisen oder Methoden. Ich freue mich, wenn Teilnehmer:innen ihre eigenen Wege gehen, Spiel-Räume für sich entdecken, Unvorhergesehenes akzeptieren und für neue Ideen nutzen. Die größte Herausforderung, die sich im Laufe der letzten fünf Jahre immer deutlicher zeigt, ist die Klimakrise. Das klingt erstmal seltsam, ist aber für die Idee der „Künstlerei am Hofe“ ganz konkret. Wir sind immer draußen, egal wie das Wetter ist. Wenn es regnet, sind wir in der Pflanzenwerkstatt unterm Foliendach im Gemüsegarten. Die Herausforderung ist aber nicht der Regen, sondern die unglaubliche Hitze. Ganz praktisch hatte das Auswirkungen nicht nur auf die Befindlichkeit der Teilnehmer:innen, sondern auch auf zum Beispiel die Konsistenz der Druckfarben, die fast nicht mehr zu nutzen waren, weil sie zu schnell getrocknet sind. Während der Coronazeit konnten unter Auflagen doch einige Workshops stattfinden, da wir ja nur draußen unterwegs waren. Schade ist, dass in den Wintermonaten keine Workshops, auch mal fortlaufende Kurse, stattfinden können. Es fehlt (noch) eine beheizbare Werkstatt, die möglichst auf dem Hutzelberghof-Gelände liegen sollte. In den nächsten Jahren könnte in unserem Wohnhaus direkt neben dem Hutzelberghof eine solche Werkstatt entstehen. Auch für heiße Sommer wäre ein Innenbereich sinnvoll. Ansonsten hätte ich gerne viel mehr Zeit, zum Beispiel für Kooperationen und Vernetzung mit anderen Künstler:innen und Kulturinitiativen im Werra-Meißner-Kreis!

Mein WMK: Der Ort Oberrieden und der Hutzelberghof spielen eine zentrale Rolle in Ihrer Arbeit. Wie beeinflussen die natürliche Umgebung und die Gemeinschaft des Dorfes Ihre künstlerischen Projekte und Workshops? Katharina Dehlinger: Oberrieden und der Hutzelberghof verlocken mit ihrer unglaublich schönen Landschaft drumherum. Oft beginnt ein Workshop mit einem kürzeren oder auch längeren Spaziergang. Das Laufen entspannt, die Augen können umherschweifen, wir nehmen bewusst wahr, was um uns herum ist. Papier und Stift sind immer dabei, um Skizzen oder Notizen zu machen für die spätere Arbeit. Am Hutzelberghof sind es vor allem die Gemüsegärten, in denen die Teilnehmer:innen ihre Motive oder Ideen finden. Da ich ja als Gartenpädagogin am Schulbauernhof tätig bin, kenne ich die Gärten und die Pflanzen und nutze dieses Umfeld sehr gerne für die „Künstlerei“. Im Dorf spielt die „Künstlerei am Hofe“ (noch) keine große Rolle. Vielleicht gibt es einfach keinen Bedarf. Eine junge Oberriederin kommt regelmäßig und begeistert zu fast allen Workshops, was mich sehr freut. Wir leben seit 2019 hier, das ist für so eine Dorfgemeinschaft keine lange Zeit! Corona hat Kontakte erschwert. Zum Kennenlernen der „Künstlerei“ habe ich bei den letzten beiden Hoffesten eine kleine Druckwerkstatt angeboten. Auch zur kommenden Ausstellung sind alle Oberrieder:innen sehr herzlich willkommen zum Gucken, Austauschen, Apfelpunsch trinken!

Mein WMK: In Ihrer bevorstehenden Ausstellung präsentieren Sie Druckgrafiken und Zeichnungen. Können Sie uns mehr über die Inspiration hinter diesen Werken erzählen und wie sie sich in den Kontext der „Künstlerei am Hofe“ einfügen?

Katharina Dehlinger: Meine eigene künstlerische Arbeit ist fast immer die Beschäftigung mit mir als Teil der Natur, mit dem Menschen als Teil der Natur. Ich setze mich mit meiner Rolle in diesem komplexen System auseinander, und meine Gedanken bringe ich dann als Zeichnung oder Druckgrafik ins Bild. Genauso wie ich meinen Teilnehmer:innen in den Workshops vermitteln möchte, dass sie selbst etwas gestalten, dass sie selbst Strategien und Wege finden können, sich (künstlerisch) auszudrücken, arbeite auch ich selbst viel experimentell und mit verschiedenen Materialien. So dauert es manchmal sehr lange, bis das, was ich im Kopf, in meinen Gedanken habe, auch für mich stimmig auf dem Papier ist. Manchmal geht’s aber auch ganz schnell und spontan!

Mein WMK: Frau Dehlinger, wie wählen Sie die Themen und Techniken für Ihre Kunstwerke aus, und gibt es ein bestimmtes Thema oder eine Botschaft, die Sie in dieser besonderen Ausstellung zum Jahresausklang hervorheben möchten?

Katharina Dehlinger: Für die kommende Ausstellung mit dem Titel „Natürlich!“ habe ich Druckgrafik, Zeichnungen und Pastelle ausgesucht. Diese drei künstlerischen Techniken sind zurzeit meine Favoriten: Druckgrafik, vor allem Farblinolschnitt, wähle ich für Themen oder Ideen, die ich vervielfältigen möchte: Wenn ich mir dabei Zeit nehmen möchte auch für das handwerkliche Herstellen der Druckplatte. Denn dann kann ich mit meinem Motiv und meiner Idee spielen. Meine Zeichnungen mit Blei- oder Buntstift, oder auch mit Finelinern, koloriert mit Aquarellfarben, sind ernsthafte Spielereien mit dem Abbilden von Natur. Und die Pastellzeichnungen sind eher spontaner Ausdruck, Lebendigkeit, Farbe, Überfluss. In der Ausstellung gibt es zum Beispiel eine gezeichnete Serie zu einem Stück Birkenrinde, das mich fasziniert und angeregt hat: der Teil eines toten Baumes, seine Struktur, seine Farbigkeit, seine Form. Am Ende sieht man vielleicht etwas ganz anderes! Ein weiteres Thema ist der Mensch als Teil der Natur: wer hilft wem? Der Mensch der Natur oder die Natur dem Menschen? Es gibt also „nachdenkliche“ Bilder und „schöne“ Bilder zu sehen!