"Miss Germany" 2024: „Traut euch und denkt groß“
Seit der Wahl zur "Miss Germany" muss die ehemalige Göttingerin Apameh Schönauer einen regelrechten Shitstorm in den sozialen Medien über sich ergehen lassen. Im Interview erzählt die gebürtige Iranerin, warum sie trotzdem gerne in Deutschland lebt.Sie engagiert sich für benachteiligte und unterdrückte Frauen - Apameh Schönauer ist "Miss Germany" 2024. Für MeineRegion365 war sie für ein Interview bereit.
Liebe Frau Schönauer, Sie haben in Göttingen Abitur gemacht. Was verbindet Sie mit Göttingen?
Apameh Schönauer: Ja, genau. Ich habe in Göttingen Abitur gemacht. Ich bin dort zur KGS (Geschwister Scholl Gesamtschule) gegangen. Mein Vater lebt in Göttingen und eine meiner besten Freundinnen, weshalb ich ab und zu auch in Göttingen bin.
Sie stammen ursprünglich aus dem Iran. Sie sind im Alter von sechs Jahren mit Ihrer Mutter nach Deutschland gekommen. Was sind Ihre Erinnerungen daran?
Apameh Schönauer: Ich bin mit sechs Jahren aus dem Iran nach Deutschland gezogen, aber ich bin nicht geflohen, sondern ganz normal mit dem Flugzeug hierhergekommen. Meine Tante hat in Flensburg gelebt, die damals hochschwanger war. Und sie hat angefragt, ob es möglich wäre, dass ihre Schwester zu ihr kommt. Ich erinnere mich noch daran, dass ich damals wahnsinnig traurig war am Flughafen, als ich mich von meiner ganzen Familie verabschiedet habe.
Sie sind Mutter von zwei Kindern und arbeiten als Architektin. Das beansprucht bereits sehr viel Zeit. Warum haben Sie dann noch für die Miss Germany kandidiert?
Apameh Schönauer: Ja genau, ich bin Mama von zwei Kindern und Architektin. Das ist beides ein Fulltime-Job. Aber seitdem meine kleine Tochter auf die Welt gekommen ist, habe ich das Gefühl gehabt, ich möchte mehr Verantwortung übernehmen und etwas Sinnhaftes machen und ein Vorbild für sie sein. Deswegen habe ich bei Miss Germany teilgenommen. Außerdem haben mich die mutigen Frauen im Iran inspiriert, die jeden Tag auf die Straße gehen und für ihre Freiheit kämpfen. Und da habe ich gedacht, dass wir hier in Deutschland die Möglichkeit haben, unsere Meinung frei zu äußern und das sollten wir in Anspruch nehmen.
War es schwierig durch die Castings hindurchzukommen?
Apameh Schönauer: Am Anfang habe ich das ganz locker genommen, als wir noch Hunderte waren. Dann waren es noch vierzig und dann zwanzig. Und jedes Mal, wenn wir uns wiedergetroffen haben mit den anderen Kandidatinnen und dem Team von Miss Germany, habe ich mehr Energie und Zeit von mir hineingesteckt, weil ich immer mehr gemerkt habe, dass ich weiter an meiner Mission feilen muss. Dadurch, dass wir ganz viele Workshops und Speakertrainings hatten, hat man sich automatisch mehr Gedanken gemacht. Ich habe mich gefragt „Was will ich eigentlich mit Miss Germany erreichen?“. Wir haben gelernt uns zu fokussieren, auf den Punkt zu kommen und unsere Mission immer mehr zu schärfen.
Sie sind angetreten, um sich für ein modernes Frauenbild einzusetzen?
Apameh Schönauer: Einerseits möchte ich den jungen Frauen da draußen sagen: Traut euch und denkt groß! Traut euch eine Meinung zu haben und werdet die beste Version eurer Selbst. Ich bin das beste Beispiel dafür, dass es funktioniert, wenn man an sich glaubt. Ich bin ein iranisches Mädchen, was jetzt in einer Führungsposition in Deutschland arbeitet. Das habe ich geschafft. Nicht, weil ich keine Hindernisse hatte, sondern weil ich immer wieder aufgestanden bin und weitergemacht habe. Andererseits ist meine Mission das ganze Thema Integration. Ich möchte gerne, dass jungen Frauen mit Migrationshintergrund bewusst wird, dass sie alles schaffen können, auch wenn sie in einem fremden Land leben. Sie müssen nur an sich glauben und an sich arbeiten.
Wie wichtig ist Integration in unserer Gesellschaft?
Apameh Schönauer: Integration ist unglaublich wichtig. Für diese Menschen ist das harte Arbeit. Aber wenn man sich integriert, sieht man, dass das viele Vorteile mit sich bringt und dass das Leben auch in einem anderen Land Spaß machen kann und man sich nicht fremd fühlt. Und wenn man versteht, dass Integration bedeutet, dass man seine Vergangenheit niemals vergisst, aber auch eine neue Zukunft hat. Wenn man das miteinander verbindet, dann kann das nur ein Vorteil sein. Diese Person kann sich dann aus beiden Kulturen das Beste herausnehmen und die beste Version seiner selbst sein.
Viel Hass und Ablehnung hat Sie seit Ihrer Wahl zur "Miss Germany" erreicht. Trotz dieser vielen negativen Nachrichten - leben Sie immer noch gerne in Deutschland?
Apameh Schönauer: Natürlich lebe ich gerne in Deutschland. Ich bin Deutsche. Ich bin Deutsche und Iranerin zugleich. Diese negativen Nachrichten sind keine konstruktiven Feedbacks, sondern irgendwelche Menschen, die sich hinter ihrem Computer verstecken und einen anonymen Namen haben. Wenn sie sich trauen, können wir uns gern an einen Tisch setzen und dann reden wir. Aber das trauen sich die meisten Menschen nicht. Die meisten von denen haben wahrscheinlich Probleme mit sich selbst und lassen es an mir aus. Ich nehme das gar nicht ernst. Außerdem habe ich so viel mehr positives Feedback bekommen und so viele tolle deutsche Menschen stehen hinter mir. Das ist das, was zählt.
Über Apameh Schönauer:
Die Berliner Architektin Apameh Schönauer ist Ende Februar zur "Miss-Germany" 2024 gekürt worden. Die 39-Jährige setzte sich beim Finale des Wettbewerbs im Europa-Park Rust gegen acht Mitbewerberinnen durch. Die gebürtige Iranerin setzt sich für Frauenrechte ein und ist Gründerin des Netzwerks Shirzan für unterdrückte Frauen. Schönauer wurde in Teheran geboren und floh im Alter von sechs Jahren gemeinsam mit ihrer Mutter aus dem Iran nach Deutschland. Sie studierte in Deutschland Ingenieurwissenschaften und schloss ihr Studium mit Diplom ab.