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Artikelfoto Privat

Start-up für nachhaltige Fischwirtschaft in Wiershausen

15-Jähriger möchte Aquaponic-Anlage installieren

„Papa, ich will angeln!“ Mit diesen Worten begann für einen 12-Jährigen eine ganz besondere, wegweisende Geschichte. Johannes bekam zum Geburtstag eine eigene Teichanlage geschenkt. Der junge Lippoldshäuser hatte schon als kleiner Junge den Wunsch geäußert, fischen zu gehen und den Angelschein zu machen. Sein Vater erwarb daraufhin eine 2.500 Quadratmeter umfassende Anlage am Rand des Nachbardorfes.

„Wir mussten alles neu machen. Das Gelände war zugewachsen, die Teiche vernachlässigt“, erinnert sich Johannes. Einige Rotfedern, Rotaugen und Karpfen tummelten sich damals noch im kühlen Nass. Es folgte die Ertüchtigung der Becken und der Wasserrechte. Einen Meter tief baggerten Johannes und Vater Stefan Ring, entsorgten Schlamm, befestigten und erneuerten Dämme und führten schließlich Frischwasser zu. Aus dem nahegelegenen Fritzlar besorgten sie junge Forellen und setzten sie in die neuen Becken ein. Der erste Schritt war getan.

Heute ist Johannes 15 und hat ein klares Ziel vor Augen: „Ich werde Fischwirt und möchte zeigen, wie die Fischwirtschaft ökologisch und nachhaltig gestaltet werden kann.“ Dafür nimmt der Schüler, der in Witzenhausen die achte Klasse besucht, einiges in Kauf. "Ich bin jeden Tag mindestens anderthalb Stunden bei den Fischen.“ Dabei hat er eine feste Struktur, wenn er die Teichanlage betritt. „Als erstes kontrolliere ich die Zu- und Abläufe des Wassers und überprüfe die Temperatur.“ 11 Grad sind für seine 1.200 Forellen ideal. Bei Temperaturen über 20 Grad sinkt die Sauerstoffsättigung im Becken. „Aber das kommt fast nie vor, denn unser Gelände ist durch den alten Baumbestand sehr schattig.“, erklärt der 15-Jährige. „Dann schaue ich, ob die Fische mobil sind. Wenn ich eine handvoll Futter ins Becken schmeiße und sehe, dass mir die Fische aufgeregt hinterherschwimmen, weiß ich: Alles ist in Ordnung.“

Die Vermarktung seiner Forellen erfolgt regional. Viele Kunden schätzen die Arbeit des engagierten Jungens und die Qualität seiner Ware. Johannes fängt die Fische immer am ersten Wochenende eines Monats selbst, nimmt sie aus und räuchert sie.

Aquaponic setzt sich aus den Begriffen Aquakultur (kontrollierte Aufzucht von Wasserbewohnern wie Fischen, Krebsen etc.) und Hydroponic (Kultivierung von Pflanzen ohne Erde in Hydrokultur) zusammen.

Und er hat große Pläne: „Das Hauptproblem in der Fischwirtschaft ist das mit Fischausscheidungen belastete Ablaufwasser.“ Derzeit gibt es auf der Anlage zwei Absetzbecken, in denen das Wasser durch eine Pflanzenanlage geklärt wird, diffus versickert und in den Bach zurückgeführt wird. „Das ist gut, weil wir das Wasser in einer hervorragenden Qualität wieder in den Kreislauf geben, aber es geht noch besser!“. Das Ziel von Johannes ist es, eine eigene Aquaponic-Anlage zu errichten. Dabei soll ein 8 mal 40 Meter großes Gewächshaus entstehen, in dem verschiedene Kräuter wie Petersilie, Schnittlauch, Dill und Basilikum angebaut werden. Die Pflanzen werden dabei ausschließlich mit dem Fisch-Ablaufwasser versorgt. Das Wasser aus den Forellenbecken wird mithilfe einer solarbetriebenen Pumpe in einen Bioreaktor geleitet. Dort werden die Inhaltsstoffe aufgespalten. Dann gelangt es in das Gewächshaus, in dem die Pflanzen „hängen“ – ganz ohne Erde. Ihre Wurzeln schwimmen frei in dem nährstoffreichen Wasser. Die Kräuter versorgen sich selbst mit der Nitratmenge, die sie für ihr Wachstum brauchen und reinigen so gleichzeitig das Wasser. „Mit der Rückführung des sauberen Wassers in unsere Teiche sorgen wir für einen funktionierenden und absolut nachhaltigen Wasserkreislauf. Das wird mit zunehmender Wasserknappheit in immer wärmer werdenden Sommern wichtig“, erklärt Johannes Ring. Auf diese Art könnte der ambitionierte Jungunternehmer nicht nur etwa zwei Tonnen nachhaltig gewachsenen Fisch jährlich produzieren, sondern mit dem Ertrag aus dem Gewächshaus seine Existenzgrundlage sichern. Viel wichtiger jedoch ist ihm: „Ich möchte meinen Beitrag für den Erhalt unserer Erde leisten. Wir müssen Wasser als kostbares Gut schätzen. Auch in der Fischwirtschaft tragen wir die Verantwortung dafür, dass keine belasteten Reste in die Natur gelangen.“

Von zentraler Bedeutung bei der Aquaponic ist die Doppelnutzung des Wassers. Ein Bestandteil ist die Fischzucht. Das daraus entstehende Prozesswasser wird als Nährstoff für Nutzpflanzen weiterverwendet. Dies gelingt mithilfe nitrifizierender Bakterien, welche Ammonium und Ammoniak der Fischausscheidungen über das Zwischenprodukt Nitrit in Nitrat umwandeln, das für die Nährstoffversorgung zahlreicher Pflanzen unabdingbar ist. Das überlaufende, natürlich gereinigte Wasser wird wieder in die Fischteiche zurückgeführt.

Frische oder geräucherte Forellen aus der Teichwirtschaft von Johannes Ring gibt es immer am ersten Wochenende des Monats. Telefonische Vorbestellung: 05541 7019093.