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Artikelfoto J. Broermann / Caritas Südniedersachsen

Steigende Energiepreise alarmieren Schuldnerberatung

Im Gespräch mit Schuldnerberater Thomas Pohl

Wenn die Ausgaben plötzlich das verfügbare Einkommen übersteigen, stecken Menschen in der Schuldenfalle. Hilfe können sie sich bei Schuldnerberatungen holen. Bei der Caritas in Duderstadt arbeitet Thomas Pohl als Schuldnerberater. Im Interview berichtet er, welche Auswirkungen die Pandemie bisher auf seine Arbeit hatte.

 

meineRegion: Herr Pohl, hat sich der Beratungsbedarf pandemiebedingt geändert? 

Anders als erwartet haben sich die Fallzahlen kaum verändert. Allerdings ist die Zahl unserer Klienten trotz mehrerer Lockdowns gleichbleibend. Dennoch, der „Run“ auf die Schuldnerberatungsstelle ist ausgeblieben. Ein Grund ist sicherlich das Maßnahmenbündel der Bundesregierung, mit dem finanzielle Härten abgefedert werden. 

Offenbar hat auch der Druck durch die Inkassobüros nachgelassen, weil sie keine Hausbesuche mehr durchführten. Klar ist aber auch: Pandemiebedingt wurden mehr Pfändungsschutzbescheinigungen ausgestellt.

meineRegion: Welche besonderen Herausforderungen hatten Sie in der Beratung?

Erstunterlagen versenden wir postalisch und beraten vermehrt am Telefon. Bei Gesprächen in unseren Räumen entsteht durch die Hygienemaßnahmen ein erhöhter Zeitaufwand. Denken Sie an die nötige Raumlüftung vorher und nachher und an die Desinfektion der genutzten Gegenstände wie Tisch, Stühle, Türklinken. So können wir die Fachberatung für Hilfesuchende weiter gewährleisten.

meineRegion: Helfen die Änderungen im Insolvenzrecht Ihren Klienten?

Die Verkürzung des Insolvenzverfahrens von sechs auf drei Jahre ist die wesentlichste Veränderung im Jahr 2021 gewesen. Eine verstärkte Nachfrage auf Insolvenz ist ausgeblieben, auch Stundungen/Aufschiebungen sind nicht überproportional angestiegen. Aber bei Immobilienbesitzern wurden deutlich weniger ­Zwangsvollstreckungen durchgeführt. Wirklich hilfreich wäre es gewesen, wenn eine Verkürzung der Löschungsfrist bei der Schufa auf ein Jahr verankert worden wäre. Dann wäre ein echter Neustart für die Betroffenen zeitnah möglich. Leider ist es aber bei der 3-Jahresfrist geblieben, ein Neustart also erst nach sechs Jahren gegeben.

meineRegion: Was erwarten Sie 2022 in der Schuldnerberatung?

Wir befürchten eine erhöhte Nachfrage aufgrund der überproportional steigenden Energiekosten. Zudem wird sich die Inflation wohl auf erhöhtem Niveau halten. Das trifft massiv den Personenkreis der Niedriglöhner sowie Grund- und Sozialhilfebezieher. Es kommt darauf an, wie die Bundesregierung reagiert und wie sich die Pandemie entwickelt. Wenn Lieferketten wieder lückenlos funktionieren und sich die Wirtschaft erholen kann, würde das zu einer gewissen Entspannung führen.