Suchtberatung: Hilfe für Betroffene und Entlastung für Familie und Gesellschaft
- Von Claudia Nachtwey --
- 16.12.2022
Im Rahmen des deutschlandweiten Aktionstages “Kommunal wertvoll!” stellten die Suchttherapeutin Friederike Smilge und der Sozialarbeiter
Jens Klie die Arbeit der Fachstelle einem Publikum aus Politik und Verwaltung vor. Ziel war es, für die Thematik zu sensibilisieren, aber auch politische Unterstützung
anzuregen, sowohl finanziell als auch durch eine ange-
passte Gesetzgebung.
Der Einladung zum Gedankenaustausch waren Sozialdezernent Conrad Finger vom Landkreis Göttingen, Samtgemeindebürgermeister Arne Behre aus Radolfshausen, Annelore von Hof als Vertreterin der Stadt Duderstadt sowie die Landtagsabgeordneten Gerd Hujahn (SPD), Marie Kollenrott (Grüne) und Pippa Schneider (Grüne) gefolgt. In der Diskussion ging es um die Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden wie den Jobcentern und Justizvollzugsanstalten sowie Präventionsangebote für Kindergärten, Schulen und Unternehmen. Finanziert wird die Beratungsstelle neben einem Eigenanteil der Caritas Südniedersachsen zu großen Teilen aus Mitteln des Landes Niedersachsen und des Landkreises Göttingen.
“Die Frage nach der Sucht ist immer auch eine Frage nach der seelischen Gesundheit. Abhängigkeit ist heute als chronische psychische Erkrankung anerkannt”, erklärte Friederike Smilge. Die Ursachen für eine Suchtentwicklung seien vielfältig und reichten von Unsicherheiten und mangelndem Selbstvertrauen bis zu Gewalterfahrung, Flucht und weiteren Traumata.
Die Fachstelle für Sucht und Suchtprävention verfolgt verschiedene Ziele: Um die Krankheit bestenfalls gar nicht entstehen zu lassen, wird auf Prävention gesetzt. Schon in Kitas soll das Selbstwertgefühl von Kindern gestärkt
werden, um weniger empfänglich für Suchtmittel zu sein.
In den Schulen werden Präventions- und Beratungsangebote im Unterricht oder in Schulprojekten integriert.
Außerdem werden in der Caritas-Fachstelle am Schützenring Betroffene, Angehörige und alle Menschen, die Fragen zum Konsum von Suchtmitteln haben, vertraulich und kostenfrei beraten. Suchtberater*innen unterliegen der Schweigepflicht. Wer bereits abhängig ist, findet hier
Unterstützung bei der Suche nach Behandlungsmöglichkeiten mit dem Ziel, Gesundheit, Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit und die familiären Beziehungen zu verbessern
und zu erhalten.
Die Sucht sei meistens nicht das einzige Problem der Abhängigen, erklärte Jens Klie. Es folgten oft auch finanzielle und familiäre Sorgen. So bestehe ein enger Austausch der Suchtberatungsstelle zu verschiedenen Netzwerkpartnern. Dazu gehören andere Beratungsstellen der Caritas Südniedersachsen wie die Schuldnerberatung, die Erziehungsberatung oder das Familienzentrum, aber auch Verwaltungsstellen auf kommunaler- und Kreis-Ebene, Krankenhäuser, Schulen, Job-Center und weitere Institutionen.
Zum Abschluss der Präsentation gingen Friederike Smilge und Jens Klie auf das “Social Return on Investment”, also den gesellschaftlichen Mehrwert der Suchtberatung und Suchprävention, ein.
Der wirtschaftliche Schaden allein durch Alkoholmissbrauch liege in Deutschland bei rund 72 Mrd. Euro pro Jahr, die Alkoholsteuereinnahmen dagegen nur bei 3,2 Mrd. Euro. Im Reha-Bericht der Deutschen Rentenversicherung (DRV, 2019) wird festgestellt, dass die durchschnittlichen Kosten einer Reha bei Alkoholabhängikeit rund 4800 Euro betragen.
Bei einer weiteren Erwerbstätigkeit des Rehabilitanden seien diese Kosten nach etwa vier Monaten ausgeglichen, ab dem fünften Monat steige der Gewinn für die DRV um rund 1300 Euro im Monat.