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Artikelfoto Julian Stratenschulte/dpa/dpa-mag

Systeme aktualisieren sich von selbst

Funkbrücke statt Facelift: Updates „over the air“ beim Auto

Je mehr Software im Auto zum Einsatz kommt und je besser die Fahrzeuge vernetzt sind, desto stärker orientiert sich die Industrie an Smartphone und Computer. Sie spielt regelmäßig Updates auf. Und statt ihre Kunden dafür in die Werkstätten zu holen, machen Hersteller zunehmend Gebrauch von der integrierten Mobilfunkverbindung und übertragen die Daten kabellos.
Over-the-Air-Update oder kurz OTA heißt der Zauber. Damit sollen die Fahrzeuge besser mit dem steigenden Innovationstempo Schritt halten und länger jung bleiben. Denn anders als bisher, gibt es die Neuerungen dann nicht nur schneller, sondern auch für bereits ausgelieferte Autos.

„Das Over-the-Air-Update ist die neue Modellpflege“, sagt Magnus Östberg, der bei Mercedes die Elektronik-Entwicklung leitet. Die Designer werden zwar auch weiterhin für klassische Facelifts sorgen. Doch zumindest die Ingenieure müssen künftig immer öfter nur noch auf den Knopf zum „Senden“ drücken.

„Damit können wir Neuerungen künftig schneller einführen und einem breiteren Kundenkreis zugänglich machen“, sagt Östberg: „Statt in einem Rhythmus von bislang rund drei Jahren kommen die Neuheiten dann alle sechs Monate.“

Fleißige Bits & Bytes im Hintergrund

Viel tun müssen Kunden dafür nicht, so Östberg weiter. Denn im Idealfall laufen die Updates automatisch im Hintergrund. Die Systeme aktualisieren sich von selbst. Und erst, wenn auf dem Bildschirm die Vollzugsmeldung erscheint, erfährt man überhaupt, dass es ein Update gegebenen hat. „Natürlich immer nur, wenn der Kunde diesen Updates zuvor zugestimmt hat“, sagt Östberg.
Ging es dabei bislang zumeist nur ums Infotainment oder die Navigation, rücken neuerdings auch zentrale Funktionen in den Fokus der Programmierer. „Das gilt vor allem für die Elektroautos“, sagt Stefan Moeller vom E-Auto-Vermieter Nextmove.

Optimierungen „über die Luft“

Die Entwicklungszeiten vor allem bei den Themen rund um die Batterie seien sehr kurz. Und der Druck sei hoch, neue Technologien frühzeitig in Serie zu bringen. „Deshalb geht die Entwicklung schrittweise weiter, während die Autos schon auf der Straße sind“, sagt Moeller. So könnten dann auch nachträglich etwa das Energiemanagement, die Ladeleistung oder adaptive Routenplanung optimiert und so zum Beispiel die Standzeiten verkürzt oder die Reichweite vergrößert werden.

Mit dem Over-the-Air-Update seien solche nachträglichen Verbesserungen schneller und leichter umsetzbar und zugleich könnten Fehler besser korrigiert werden. «Bisher ließen die sich erst nach Jahren beim Facelift abstellen oder man musste mit einem Rückruf die Reißleine ziehen.» Jetzt dagegen genügt ein Fingerzeig auf dem Touchscreen und die neue Software läuft ein.

Vom Update zum Upgrade - nicht kostenfrei

Zwar sind die meisten Aktualisierungen bislang gratis und kosten die Kunden allenfalls Zeit. Doch hat die Industrie die Online-Facelifts längst auch als Geschäftsmodell entdeckt. Neben den Updates gibt es dann Upgrades. Die lassen sich die Hersteller laut Jan Burgard vom Strategieberater Berylls gut bezahlen.

Er schlägt damit die Brücke zu den so genannten „Functions on Demand“: Davon erhofften sich die Hersteller künftig auch dann noch üppige Umsätze, wenn ihre Autos schon verkauft sind. „Bislang sind das nur Kleinigkeiten wie neue Beleuchtungsszenarien, Komfortextras oder nette Spielereien, doch da stehen wir da gerade erst am Anfang“, sagt Burgard. (dpa)