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Witzenhäuser Kinofans finden hochwertige Filmauswahl jetzt auch in Hann. Münden

Ehemalige Schiller-Lichtspiele in Hann. Münden wiedereröffnet

Dr. Wolfgang Würker, der vielen als Geschäftsführer des Capitol-Kinos in Witzenhausen bekannt ist, musste wegen der Umbauarbeiten im Capitol-Kino in diesem Jahr ganz neue Wege beschreiten, um den Cineasten der Kirschenstadt weiterhin Filmgenuss auf höchstem Niveau zu bieten. Vor wenigen Wochen erweckte er das Hann. Mündener Kino auf der Langen Straße zum Leben. Über seine Ambitionen und Pläne haben wir mit ihm gesprochen.

meinWMK: Sehr geehrter Herr Würker, das war für Sie in vielerlei Hinsicht ein besonderes Jahr: Corona, Kino-bau, Freiluft- und Kirchenkino. Ziehen Sie für uns ein kurzes Resümee!

Wolfgang Würker: Es war für unser Team ein gendes Jahr zwischen Lockdown und allen möglichen Versuchen, den Kinointeressierten in der Region trotz aller Widrigkeiten ein spannendes und unterhaltsames Filmprogramm zu bieten. Da wir im Sommer mit dem Umbau unseres Kinos in Witzenhausen begonnen und infolgedessen geschlossen hatten, konzentrierten wir uns zunächst auf Aktivitäten im Freien. Über zwei Monate hinweg zeigten wir von Donnerstag bis Samstag Filme im Innenhof des Alten Klosters, an einem wunderschönen Ort in der Nachbarschaft vom Capitol. Auch veranstalteten wir Filmnächte in der Freilichtarena oberhalb der Werra. Hinzu kamen das Scheunenkino in Ellershausen, das Mohnkino in Germerode - und immer wieder nutzen wir die Kirche in Hundelshausen, die wir vorübergehend in ein Kino verwandelt haben. Mit den Filmen, die uns begeisterten, zogen wir sozusagen von Ort zu Ort.

meinWMK: Wie weit sind die Umbauarbeiten vorangeschritten, was wurde alles gemacht und wann rechnen Sie mit der Fertigstellung des Witzenhäuser Kinos?

Wolfgang Würker: Wir wollen im Capitol in Witzenhausen vor allem das Foyer erweitern, damit man sich hier mehr als bisher in einem schönen Ambiente bewegen und verweilen kann. Unser Kino will sich noch weiter in Richtung eines kulturellen Zentrums entwickeln. Es wird allerdings voraussichtlich Frühjahr werden, bis das Foyer eingerichtet ist und der Kinobetrieb wieder anlaufen kann. Für die Zeitspanne dazwischen, also vor unserem „neuen Auftritt“ in Witzenhausen, haben wir mit den ehemaligen Schiller-Lichtspielen glücklicherweise ein neues Domizil in Hann. Münden gefunden. Und vielleicht sogar für die Zeit darüber hinaus.

meinWMK: Viele Hann. Mündener freuten sich über Ihre Entscheidung, das Kino auf der Langen Straße wieder zu eröffnen. Wie ist es eigentlich dazu gekommen?

Wolfgang Würker: Anfang des Jahres hat mich ein Mitarbeiter unseres Kinos in Witzenhausen auf eine Auktion aufmerksam gemacht, bei der das Inventar des Kinos in Hann. Münden versteigert werden sollte. Er meinte, wir könnten dort vielleicht etwas für unser Kino erwerben. Wenige Tage später standen Markus Bäuml und ich in den Schiller-Lichtspielen, die schon seit Sommer 2020 geschlossen waren. Wir staunten: ein ansprechendes, ein traditionsreiches Kino, das wohl nie mehr öffnen würde, wenn es zum Ausverkauf des gesamten Inventars kommen sollte. Auf meinen Rat hin haben die Besitzer des Gebäudes es im letzten Moment selbst erworben, von den Projektoren über die gesamte technische Ausstattung bis zu den Kinosesseln und großen Leinwänden. Damit war immerhin die Voraussetzung dafür geschaffen, dass hier eines Tages nochmal Filme gezeigt werden können. Und letztlich war es dann im September eine glückliche Fügung, dass unser gesamtes Team (rund ein halbes Dutzend Mitarbeiter) frei war für ein neues Abenteuer.

meinWMK: Welchen beruflichen und/oder persönlichen Background haben Sie und war das Betreiben eines Kinos schon immer Ihr Traum?

Wolfgang Würker: Tatsächlich habe ich immer mal in meinem Leben mit dem Gedanken gespielt, ein Kino zu betreiben. Ich habe allerdings Naturwissenschaften studiert, war zunächst Wissenschaftler und Lehrer, wurde mit dreißig Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, mitverantwortlich für die Sparten Fernsehen und Film. Schließlich machte ich mich selbständig, gründete mit einer Partnerin eine eigene Filmproduktion und verwirklichte zahlreiche Dokumentationen für ZDF und Arte. Zum Kinobetrieb kam ich erst vor wenigen Jahren, als das Capitol in Witzenhausen nach dem Tod des langjährigen Betreibers Ralf Schuhmacher Hilfe brauchte. Als ich anfing, dachte ich an zwei bis drei Arbeitstage pro Woche und wollte weiter eigene Filme machen. Inzwischen ist das Kinomachen zu mehr als einem Fulltimejob und zu einer großen Leidenschaft geworden. Für mich ist schon ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen, als mir die neuen Inhaber vom Capitol in Witzenhausen, Ralf Schuhmachers Frau Ulrike und sein Sohn Darius, diese Chance und ihr Vertrauen gegeben haben, wofür ich sehr dankbar bin. Sie haben jetzt auch den Mut und die Risikobereitschaft gezeigt, sich in Hann. Münden zu engagieren.

meinWMK: Was bedeuten die Themen „Kino und Film“ für Sie? Und welchen Stellenwert hat die Filmbranche aktuell für die Gesellschaft?

Wolfgang Würker: Kino und Film haben für mich immer eine große Rolle gespielt. Schon als Jugendlicher war ich leidenschaftlicher Kinogänger, an der Schülerzeitung schrieb ich erste Filmkritiken. In Göttingen war ich der Initiator eines Filmclubs und organisierte ein Festival. Das alles bevor ich selbst Journalist und Filmemacher wurde. Ich war immer schon fasziniert von der universellen „Sprache“ des Kinos, die fast jeder verstehen und mit der man fast jeden erreichen kann.

Mal intellektuell, mal emotional. Immer suchte ich im Kino zugleich den öffentlichen Raum, in dem ich mit anderen zusammen etwas erleben kann. In dem ich mit anderen lachen und weinen, mich stillschweigend austauschen kann. Das Kino kann kreativ, phantasievoll oder politisch sein, es kann anregen, faszinieren, überwältigen – diese Vielfalt begeistert mich. Die Filmbranche hält diesen Erlebnisraum am Leben, ein wichtiger Teil unserer Kultur und Gesellschaft.

meinWMK: Nach welchen Kriterien wählen Sie persönlich die Filme der jeweiligen Woche aus und woher bekommen Sie Ideen und Inspirationen?

Wolfgang Würker: Leider habe ich keine Zeit, auf Film-Festivals zu fahren. Dort könnte ich neue Filme sehen und erleben, wie sie aufgenommen werden. So muss ich das in den Medien verfolgen und ich habe immerhin die Gelegenheit, in Presse- und Sondervorführungen neue Filme vorab anzuschauen. Auch kann ich über einen Sichtungslink Filme vorab am Laptop kennenlernen. Dazu kommen Anregungen aus unserem Team oder Wünsche von unseren Zuschauern. Und natürlich spielen Erfolgszahlen eine Rolle. Es sind also ganz viele Aspekte, die in der wöchentlichen Auswahl berücksichtigt werden. Immer spielt der Anspruch nach Qualität eine Rolle. Und am Ende ist es manchmal der persönliche Geschmack, eine Mischung aus Erfahrungswerten und individuellen Vorlieben, die zur Auswahl der Filme führen.

meinWMK: Sie sind seit einigen Jahren für das Programm des Kinos in Witzenhausen verantwortlich und zeigen dort oft auch besondere Filme abseits des Mainstreams. Ist das mitunter ein Wagnis oder kluge Geschäftspolitik?

Wolfgang Würker: Kluge Geschäftspolitik im Sinne der Wirtschaftlichkeit ist es vermutlich nicht, wenn man Filme programmiert, die zwar gut und wichtig sind, aber am Ende nur ganz wenige Zuschauer haben. Doch es ist nun mal unsere Idee von Kino und Kultur, eine Mischung aus Mainstream- und Arthouse-Filmen anzubieten, anspruchsvolle Dokumentarfilme und Sonderveranstaltungen, zu denen wir gerne Filmemacher und Gäste einladen. Das Kino ist für uns wie gesagt ein kulturelles Zentrum, das Verbindungen zu anderen Veranstaltern und Initiativen sucht. Wir werden auch in Hann. Münden Wagnisse eingehen und hoffen, dass es hier genug Menschen gibt, die unseren Ideen folgen. mein : Was sind Ihre Pläne für die Zukunft? In Hann. Münden hoffen viele, dass Sie einen Weg finden, die Kinos in Witzenhausen und Hann. Münden gemeinsam zu gestalten. Wolfgang Würker: Es ist augenblicklich sehr schwierig, in die Zukunft zu schauen. Gerade steigen die Inzidenzen mit einer Dynamik, dass wir Schlimmes befürchten müssen. Bevor wir uns also Gedanken über die Entwicklungen im neuen Jahr machen, richten wir lieber den Blick auf die kommenden Wochen, auf ein attraktives und vielseitiges Advents- und Weihnachtsprogramm. Wir werden den neuen Disneyfilm „Encanto“ zeigen und weitere ansprechende Angebote für die jungen Zuschauer machen. Andrerseits werden so verheißungsvolle Unterhaltungsfilme wie „Spider-Man: No Way Home“ und „Matrix Resurrections“ im Programm sein. Anfang des neuen Jahres werden wir dann eine erste Bilanz ziehen und schauen, welche guten Möglichkeiten es für die Zukunft gibt.