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Schach gilt als „wahrer Wundersport “

Königliches Spiel in der Dreiflüssestadt

Wer das königliche Spiel erfand, ist bis heute umstritten. Fest steht jedoch, dass in Indien Texte aus dem Jahre 570 gefunden wurden, die sich bereits mit Schach beschäftigen. Bereits nach zwei Zügen können 72.084 verschiedene Stellungen auf dem Brett entstehen. Die Zahl der möglichen Spielverläufe ist noch einmal um ein Vielfaches größer: Schon für die ersten 40 Züge belaufen sich die Schätzungen auf etwa 10.120 verschiedene Spielverläufe.

Schach gilt als „wahrer Wundersport“. Eine Studie zeigte, dass 4.000 venezolanische Schüler - sowohl Jungen als auch Mädchen - nach vier Monaten Schachunterricht höhere IQ-Werte aufwiesen. Schachspielen beugt der Ansicht von Experten zufolge Alzheimer vor und trainiert das Gedächtnis. Schach fordert das Gehirn buchstäblich heraus und fördert die Bildung spezieller Gehirnzellen, der Dendriten.

Auch in der Dreiflüssestadt wird Schach gespielt: Der Mündener Schachclub besteht seit 1925, ist Mitglied im Landes Sport Bund Niedersachsen e.V. und ist im Hessischen Schachverband organisiert. Dort ist er mit einer Mannschaft in der Bezirksliga, im 4er-Pokal-Wettbewerb sowie mit einem Team in der Kreisliga vertreten und betreut mehrere Schulschach-Gruppen. Ein qualifiziertes Training mit lizensierten C-Trainern findet jeden Donnerstag ab 17 Uhr im Spiellokal Bürgertreff, Ziegelstraße 56, statt. Wir trafen den Vereinsvorsitzenden Norbert Niemeyer zum Gespräch:

Herr Niemeyer, wie lange sind Sie bereits Mitglied im Mündener Schachclub und wie sind Sie zum Schachspielen gekommen?

Seit der legendären Schach-Weltmeisterschaft 1972 zwischen dem Amerikaner Robert James (Bobby) Fischer und Boris Spassky in Reykjavik Island bin ich dem Schach verfallen. Die Medien von Fernsehen und Presse berichteten damals täglich weltweit sogar auf den Titelseiten von großen bekannten Zeitungen aus dem In- und Ausland über dieses Ereignis. In den Schlagzeilen konnte man lesen: "USA gegen UdSSR bzw. Kommunismus gegen Kapitalismus". Ich fand das zu der damaligen Zeit unheimlich spannend. Mitglied im Mündener Schachclub von 1925 bin ich seit über 20 Jahren, zuvor spielte ich im Kasseler Schachklub 1876.

Was ist für Sie das Besondere am Schachspielen?

Der besondere Reiz beim Schach ist für mich zum einen, dass man mit jedem, egal welcher Herkunft oder Sprache an jedem Ort spielen kann, da die Regeln seit dem 15. Jahrhundert weltweit gleich sind. Weiterhin kann Alt und Jung diesen Sport ausüben. Im hohen Alter beugt Schach gegen Alzheimer vor, bei Kindern fördert Schach das geistige Vermögen sowie das soziale Verhalten untereinander (laut Trierer Studie). Für mich persönlich ist Schach wie eine Sucht, von daher beschäftige ich mich täglich damit, auf Diagrammen Schachaufgaben zu lösen. Ein Schachspiel im Auto ist mein ständiger Begleiter. Wenn man bedenkt, dass Schach nach so langer Zeit nichts an seiner Faszination eingebüßt hat, trotz starker Schachprogramme und intensiver Präsenz im Internet, ist das schon erstaunlich.

Haben Sie eine Lieblingseröffnung?

Durch die Veröffentlichung von Partien aus dem Internet ist eine gründliche Vorbereitung auf einen Gegner, um erfolgreich zu sein, unbedingt erforderlich. Deshalb ändert sich meine Wahl der Eröffnung – zum einen kann sich mein Gegner auf mich schlechter vorbereiten – bei fast jeder Partie. Ich versuche damit Spielpositionen zu erreichen, die meinem Kontrahenten nicht angenehm sind. Das gilt natürlich nur, wenn ich die weißen Steine habe, als Nachziehender habe ich nur begrenzten Anteil an einer Eröffnungswahl. Früher hatte ich die Französische-Verteidigung als Schwarzer oft gespielt, mit Weiß ziehe ich im ersten Zug meist den Königsbauern mit e4.

Wie viele Vereinsmitglieder haben Sie derzeit und welche Angebote haben Sie für interessierte junge Schachspieler?

Derzeit haben wir 20 Mitglieder. Wie viele andere Vereine in der Corona Krise in puncto Mitglieder haben auch wir Einbußen erlitten. Zurzeit finden Verhandlungen mit teilweisen Zusagen an verschiedenen Grundschulen zwecks Einrichtung einer Schach AG aus der Region sowie in Kassel statt. Vor der Pandemie konnten wir durch dieses Angebot einige Kinder für diesen Sport gewinnen und im Verein integrieren.

Können Sie sich bei einer verlorenen Partie so richtig ärgern?

Ja, eine Niederlage tut weh. Ärgern zum Teil schon, aber ich kann von mir sagen, dass einige Partien, die ich verloren habe, mich jahrelang beschäftigen und nicht aus meinen Kopf heraus gehen.